MyFairNetwork – Kaffee-Startup aus Leverkusen vermarket fairen Kaffee

Das Netzwerk My Fair Network hat sich zum Ziel gesetzt, die Kaffeewelt gerechter, nachhaltiger und noch leckerer zu gestalten. 2019 gründeten Johnnatan (John) Schüßler und Till Reimann in Leverkusen das Start-Up für Fairen Kaffee. Im Interview berichten die beiden von ihrem Engagement, Herausforderungen in Zeiten der Corona Pandemie und ihren großen Zielen.

Blick auf ein biodiverses Kaffeefeld der Bauernvereinigung ASOPECAM

Viele junge Menschen gründen derzeit Start-Ups. Wie ist eure Idee zu „My fair Network“ entstanden?

John: Wir haben uns beide in verschiedenen Vereinen engagiert und sind auch politisch aktiv gewesen. Wir haben gemerkt, dass wir am besten etwas in Entwicklungsländern verändern können, wenn wir direkt mit den Menschen vor Ort arbeiten. Unser Fokus liegt dabei auf Kolumbien, da dies mein Geburtsland ist.

Till: Menschen helfen kann man am besten, in dem man Ihnen mehr Möglichkeiten verschafft. Die Länder des globalen Südens liefern hauptsächlich Rohstoffe und das meistens sehr günstig. Das Geld wird aber immer mit der Weiterverarbeitung verdient. Da wollten wir ansetzen, und zwar indem wir die Produkte in Kolumbien verarbeiten. Kaffee war naheliegend, da es eines der Hauptexportgüter Kolumbiens ist. Nach vielen Reisen und Recherche haben wir My Fair Network 2019 gegründet.

Gründer Till mit Produkten der jungen Firma

Was macht My Fair Network einzigartig?

Till: Unser Motto ist „For a Fair Chain World”. Fair Chain bedeutet die Wertschöpfung in die Anbauregionen zu verschieben. 90 % unseres Kaffees wird vollständig von unseren Bauernvereinigungen verarbeitet, abgepackt und veredelt. So schaffen wir nicht nur Arbeitsplätze, vor allem für Frauen, sondern geben eine Perspektive. Außerdem zahlen wir den Produzenten einen festen Betrag für ihren Kaffee und sie erhalten einen Bonus für eine höhere Qualität. Dies garantieren wir den Bauern durch Verträge, etwas völlig Untypisches im Kaffeehandel. So können die Bauern langfristig planen. Wir haben ein Team vor Ort, dass die Bauern betreut und das es uns ermöglicht, ohne Zwischenhändler zu arbeiten. So kommt das Geld dort an, wo es benötigt wird.

John: Neben unseren Standards hinsichtlich Fairness etablieren wir einen nachhaltigen Anbau, damit Rodungen verhindert werden und nicht noch mehr Land in leblose Brachflächen verwandelt werden. In Deutschland wird meistens vergessen, dass die Bauern ums Überleben kämpfen. Wir schaffen daher Anreize. Durch Workshops und Kooperationen mit staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen lernen die Bauern unser Agroforstsystem auf ihren Feldern einzusetzen. Diese Konzept setzt auf Mischkulturen, die Ökosysteme simulieren und vielen Tieren einen Lebensraum bieten. Der natürliche Nährstoffaustausch zwischen den Pflanzen macht den Einsatz von Düngermitteln überflüssig und das spart wieder Kosten für die Bauern. Zudem können die Produzenten sich nun auch von ihren eigenen Feldern versorgen. Was meistens bei der Monokultur nicht funktioniert.

Co-Gründer John, in Kolumbien unterwegs

Ihr habt den Anspruch euren Kaffee unter fairen Bedingungen für Produzent*innen ökologisch zu produzieren. Allerdings tragt ihr kein offizielles Fair-Handels-Siegel. Gibt es einen Grund dazu?

John: Wir möchten für alle Produzenten offen sein, ob ein Mittelständler mit 40 Hektar, eine Bauernvereinigung oder ein Produzent mit nur 3600 m². Obwohl sie alle unterschiedlich sind, haben sie dieselben Probleme. Die Klimakrise wirkt sich massiv auf die Kaffeeproduktion aus, die stark schwankenden Kaffeepreise und die sozialen Probleme wirken sich auf alle Produzenten aus. Unsere Produzenten bevorzugen den Direct-Trade Ansatz und den persönlichen Kontakt mit ihren Kunden.

 Till: Wir erkennen aber die Bedeutung, die die Fair Trade Organisation hat. Unsere Einkaufspreise für Rohkaffee liegen mindestens 30% über dem FT-Mindestpreis und bekommt zusätzliche Messkriterien, wodurch die Produzenten nicht nur gerecht, sondern angemessen bezahlt werden. Wenn nun auch die Verarbeitung vor Ort passiert, steigen die Einnahmen der Produzenten auf bis zu 300% über dem Fair Trade Mindestpreis.

Wir setzen auf langfristige Zusammenarbeit und einer Partnerschaft auf Augenhöhe mit den Produzenten. Durch Verträge können wir den Geld- und Warenfluss jederzeit nachweisen und wir finanzieren die Wareneinkäufe vor. Wir haben ebenfalls einen Bioaufschlag und arbeiten mit EcoCert Kolumbien, einem Bio-Zertifizierer zusammen, um den Bioanbau zu fördern. Als nächstes steht die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Feldarbeiter an.

Kaffee schafft Arbeit: Selektion von Kaffee vor der Röstung

Immer noch hören wir von den großen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie in Ländern des Südens. Wie haben eure Handels-Partner*innen die Corona-Pandemie erlebt? Was hat sich durch die Pandemie für euch geändert?

John: Unser Unternehmen war gerade einmal 3 Monate alt, als die Coronapandemie Deutschland und Kolumbien traf. Das hat unser Gründungsjahr zu einer besonderen Herausforderung gemacht und ohne die enge Partnerschaft mit unseren Produzenten und die Unterstützung unserer Kunden hätten wir das erste Jahr nicht überlebt.

Ich selbst war zu Beginn der Pandemie in Kolumbien und saß knapp 4 Wochen dort fest und unsere Exporte konnten zunächst das Land nicht verlassen. Aber durch die direkte Zusammenarbeit konnten wir viele Probleme lösen und so weiterarbeiten. Durch den Mehrwert der Fair Chain musste keiner unserer 45 Produzenten seine Farm aufgeben.

Till: Kolumbien ist ein gespaltenes Land, die Wunden des Bürgerkrieges sind noch lange nicht verheilt und die Kriminalität ist ein massives Problem. Die Coronapandemie hat diese Probleme weiter verschärft.

Durch, aus unserer Sicht, falschen Reformen seitens der rechtskonservativen Regierung und die wirtschaftliche Krise kam es dann auch zu landesweiten Demonstrationen mit Millionen von Teilnehmern. Leider eskalierten die Lage und es kam zu vielen Todesopfern. Kolumbien ist dabei kein Einzelfall, die Lage ist in ganz Südamerika prekär. Daher ist nun umso wichtiger, dass man aktiv die Menschen dort unterstützt. Vor allem die Politik ist gefordert. Wenn der Amazonas weiterhin brennt, können wir die Bekämpfung der Klimakrise hier in Deutschland auch gleich vergessen.

Unterzeichnung von Handelsvertrag mit unserer Bauernvereinigung ASOPECAM (r.: John; l.: Javier Rivera; hinten: Produzenten der Vereinigung

Wo findet man euren Kaffee?

John: Zu finden sind wir im Start-Up-Hub Probierwerk in Leverkusen-Opladen
Till: Zu kaufen gibt es unsere Produkte auch auf unserer neuen Homepage und in ausgewählten Läden im Rheinland. Wir beliefern auch Cafés, Unternehmen und Einzelhändler.

Kontakt zu MyFairNetwork:

Johnnatan Schüßler und Till Reimann

Stauffenbergstraße 14-2051379 Leverkusen-Opladen

Mail: info@myfair.network

Tel.: +491520/1010146

(13.08.21)

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