Ein Afrikaner im Dortmunder Stadtrat

Noch nie haben so viele Menschen mit internationaler Geschichte für die Kommunalwahl in NRW kandidiert wie in diesem Jahr. Dabei kandidierten sie nicht nur bei den Integrationsratswahlen, wo sie traditionell immer gut repräsentiert sind, sondern auch für Sitze in vielen Stadträten.

Einer, der es in den Stadtrat einer Großstadt geschafft hat, ist Armel Djine, der in Dortmund auf der Grünen Liste stand. Er ist der erste Stadtrat in Dortmund mit afrikanischer Migrationsbiographie und zeigt mit seiner Kandidatur: einmischen lohnt sich. Wir wollten von ihm wissen, was ihn motiviert und haben mit ihm gesprochen.

Warum hast du kandidiert? Und warum bei den Grünen?

Ereignisse wie in Thüringen oder Hanau haben uns gezeigt, wie wichtig interkulturelle Begegnungen für eine weltoffene Stadt sind. In Dortmund leben Menschen aus mehr als 180 Nationen zusammen. Sie alle möchten ein gutes Leben für sich, für ihre Kinder. Ein friedliches und respektvolles Miteinander ist die Basis für eine gemeinsam gestaltete Zukunft. Wir alle möchten das Gefühl haben, sicher in unserer Stadt leben zu können. Wir alle möchten das Gefühl haben, dass wir teilhaben dürfen an Bildung, an Kultur, an Möglichketen der Entwicklung. „Leave no one behind“ ist einer der Leitsätze der globalen Nachhaltigkeitsziele. Ich möchte mich aktiv dafür einsetzen, dass wir diese Ziele in Dortmund nicht aus den Augen verlieren. Darum habe ich kandidiert. Und darum auch bei den Grünen, denn nach diesem Leitsatz richtet sich auch die Partei.

Da die Grünen für Vielfalt und Diversität stehen möchte ich die Vorbilds- und Pionier Funktion der Partei unterstützen, als erster Mensch mit afrikanischer Abstammung, der in den Dortmunder Rat gewählt wurde.

Wie fühlt es sich an, der erste Schwarze im Dortmunder Stadtrat zu sein?

Nun, das wird sich erst zeigen. Aber ich kann jetzt schon sagen: Ich bin sehr stolz darauf und hoffe, dass ich nicht der einzige bleiben werde, sondern dass bei den nächsten Wahlen in 5 Jahren weitere PoC in den Rat aufgenommen werden. Der Stadtrat sollte die Stadtbevölkerung wiederspiegeln, für die er Politik macht. Ein Viertel der Dortmunder hat eine Migrationsbiograpie. Ich hoffe, dass sich das im Rathaus irgendwann auch zeigt.

Welche 3 Themen sind die wichtigsten für dich in deiner neuen Funktion?

Meine politischen Schwerpunkte und Interessen liegen in der Digitalisierung, Wirtschaft und Klimaschutz, Migrations- und Flüchtlingspolitik, aber nicht erst in dieser Funktion. Der Fokus meines Interesses liegt dabei auf das Thema Rassismus, und wie wir dieses Geschwür in der Gesellschaft bekämpfen können. Das Thema ist in diesem Jahr nach dem Tod des US-Amerikaners George Floyd zum Glück auch hierzulande endlich in der Öffentlichkeit angekommen. Und wie wichtig es ist, sich damit zu beschäftigen, zeigt auch der jüngste Fall in den Reihen der Polizei in NRW, wo es wohl seit Jahren rechtextreme Chatgruppen gibt, in denen sich Beamte rassistisch über Migrant*innen, Geflüchtete und Menschen mit dunkler Hautfarbe ausgetauscht haben. Wie kann so etwas sein? Eine Aufgabe der Polizei ist es Bürger*innen zu schützen. Stattdessen gibt es Polizisten, die seit Jahren gegen hier lebende Menschen hetzen und Hass verbreiten. Das ist brandgefährlich für uns alle, die wir hier leben – nicht nur für Menschen mit einem echten oder vermeintlichen Migrationshintergrund. Deshalb muss im Bereich Aufklärung viel mehr passieren, um Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung zu bekämpfen. Übrigens nicht nur in den Reihen der Polizei, sondern an vielen anderen Stellen auch, wie etwa im Bildungssektor.

Hast du einen Rat für die Community, die sich oft über mangelnde Partizipation und Teilhabe beklagt?

 

Ja. Sich zu beklagen alleine bringt niemals eine Veränderung und ist keine Lösung für irgendetwas. Wenn man mitentscheiden möchte, muss man sich unbedingt einmischen – z.B. im Integrationsrat, Stadtrat, und oder als Sachkundiger Bürger. Aber man muss nicht einmal unbedingt „in die Parteipolitik“ gehen. Es fängt schon damit an, dass man zur Wahl geht und die eigene Stimme abgibt. Und dann gibt es so viele Möglichkeiten, sich einzubringen. Studierende können sich an der Uni in der Hochschulpolitik engagieren, in der Elternvertretung kann man an der Schule oder in der Kita mitwirken, Berufstätige können sich in ihrer Gewerkschaft engagieren oder im Personalrat. Auch sich als Verein zu organisieren ist schon ein Schritt in diesem Prozess. Kurz: man muss aktiv werden. Man muss Zeit investieren.

Danke, Armel, für das Gespräch. (Das Gespräch führte Tina Adomako).

Zur Person:

Armel Djine ist 33 Jahre alt, gebürtiger Kameruner, verheiratet, hat 2 Kinder und lebt in Dortmund. Er hat Elektro- und Informationstechnik an der TU Dortmund studiert und verfolgt die Grüne Politik seit 2012.

Ehrenamtlich ist er seit 2014 Mitgründer und Vorsitzender des Vereins Kamerunischer Ingenieure und Informatiker Ruhrbezirk e.V. (VKII) und engagiert sich unter anderem für Empowerment von Menschen mit afrikanischer Abstammung.

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