Sklaverei in Mauretanien

bild-merzoughAm 30. November 2013 findet im Rahmen des EMPOWERMENT DAY in Aachen ein Workshop zum Thema Sklaverei in Mauretanien statt.

Im folgenden Interview geht der Referent auf die wesentlichen Punkte dieses Themas ein. Abidine Merzough, 45 Jahre alt, kommt aus dem westafrikanischen Land Mauretanien, lebt aber dauerhaft in Deutschland seit 1988. Neben seiner Tätigkeit als Entwicklungsingenieur bei Ford in Köln engagiert er sich für die Menschenrechte in seiner Heimat. Er ist ein aktives Mitglied der Internationalen NGO „Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)“ in Göttingen sowie der mauretanischen Anti-Sklaverei-NGO „SOS Esclaves“. Er ist der Europavertreter der NGO „Initiative pour la Résurgence du mouvement Abolitionniste (IRA – Mauretanie)“, die sich für die Abschaffung der Sklaverei in Mauretanien einsetzt. Dort herrscht immer noch die traditionelle Form der Sklaverei, die Leibeigenschaft, die durch eine falsche Auslegung des Islams begründet wird.

Um dem Druck der internationalen Gemeinschaft zu entgehen, hat das Land bisher fünf erfolglose Versuche unternommen, um die Sklaverei zu verbieten, zuletzt 2007 und 2012. Hunderte Fälle von Sklaverei sind allein in 2013 bei den Behörden von Menschenrechtlern angezeigt worden. Die Fälle wurden entweder gar nicht angenommen oder sind durch Manipulation der Tatsachen und Vertuschung als interne Familienangelegenheit deklariert worden.

Interview mit Abidine Merzough

Sehr geehrter Herr Merzough, wie würden Sie Mauretanien in drei, vier kurzen Sätzen beschreiben? Was sind die wesentlichen Punkte, die hier Erwähnung finden sollten?

Laut dem Global Slavery Index 2013  der NGO Walk Free Foundation ist Mauretanien das Sklaverei-Land Nummer 1 in der Welt, in dem Menschen heute noch in die Sklaverei hineingeboren werden. In Mauretanien werden Kinder und Mädchen versklavt, weiter vererbt, verschenkt und verkauft wie ein Möbelstück. Mauretanien ist das Land, wo die Staatsorgane wie Justiz und Polizei die Antisklaverei-Aktivisten verfolgen und ins Gefängnis stecken, wenn sie die Anwendung der Gesetze verlangen, dagegen aber die Sklavenhalter schützen, wenn sie auf frischer Tat ertappt werden. In Mauretanien findet man Staatswürdenträger, die alles tun, um ihre Sklaven als privaten Besitz zu behalten, weil sie diese von ihren Eltern und Vorfahren geerbt hatten und später ihren Nachkommen hinterlassen wollen.

Was sind die besonderen Charakteristika der Sklaverei in Mauretanien? Wodurch unterscheidet sie sich von anderen noch heute vertretenen Formen der Zwangsarbeit?

Der große Unterschied ist die Tatsache, dass diese Form der Sklaverei als religiös legal betrachtet wird. Der Sklave wird erzogen, an Gott und an seinen Herrn [im Sinne von Besitzer] in gleichem Maße zu glauben, da er ansonsten später mit der Hölle bestraft wird. Durch eine falsche Auslegung der Religion haben Islamgelehrte zwischen dem 9. und dem 14. Jahrhundert eine Art schwarzen Sklavencode verfasst und freigegeben, der heute noch seine Gültigkeit in ganz Mauretanien und teilweise in Mali, Niger und Westsahara hat. Das Besondere in Mauretanien ist, dass das Regime keine Bemühungen unternimmt, an der Situation irgendwas zu ändern. Die Justiz des Landes schütz eher die Sklavenhalter, weil sie meistens Angehörige von einflussreichen Familien oder Klans sind.

Welche Schritte wären Ihrer Meinung nach nötig, um die Sklaverei in Mauretanien ein für alle Mal zu beseitigen? Wo gibt es Erfolge und wo besteht weiterhin Handlungsbedarf?

Man muss das Land international an den Pranger stellen und vor internationalen Gremien der Völkergemeinschaft zur Rechenschaft ziehen. Man muss die Zusammenarbeit mit Mauretanien an die reelle Abschaffung der Sklaverei und die Einhaltung der internationalen Menschenrechtskonventionen, die das Land ratifiziert hatte, knüpfen. Das Land muss gezwungen werden, eine Untersuchungskommission für eine Bestandsaufnahme der Realität der Sklaverei in dem Land zuzulassen.

Die Entwicklungszusammenarbeit muss an Projekte und Programme geknüpft werden, die die Menschenrechte stärken und die vor allem den Opfern der Sklaverei zugutekommen.

Eine weitere Notwendigkeit ist der Schutz und die Unterstützung der Menschenrechtsaktivisten, die der Willkür von Justiz und Polizei ausgesetzt sind.
Durch die Arbeit unserer Antisklaverei-Organisation haben wir es geschafft, die Internationale Gemeinschaft sowie die Medien in relativ kurzer Zeit für das Thema Sklaverei in Mauretanien zu sensibilisieren. Egal ob es in Brüssel, in Genf oder in New York ist, Mauretanien bzw. die dort existierende Sklaverei ist in das Bewusstsein vieler gerückt. Mauretaniens Diplomatie hat es mittlerweile schwerer, seine internationalen Partner hinters Licht zu führen, wenn es um die Sklaverei geht. Da hatte das Land zuvor leichtes Spiel seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich im Jahre 1960 gehabt. Unser Engagement blieb also nicht vergebens. Unsere Organisation IRA – Mauretanie hat den Menschenrechtspreis 2011 von Weimar sowie den Menschenrechtspreis 2013 von der irischen Organisation „Front Line Defenders“ in Dublin bekommen.

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