Buchtipp: „Der letzte weiße Mann“ von Mohsin Hamid

Die westliche Welt verändert sich – ihre Bevölkerung wird dunkler. In den USA zeigen die Zahlen ganz deutlich, dass sich das Bevölkerungswachstum bei den Weißen verlangsamt, während die Zahl der Nichtweiße zunimmt. Laut dem US Census Bureau sind heute schon die Mehrheit der Kindergartenkinder „nicht weiß“. Und bis 2044 wird die weiße Bevölkerung in der Minderheit sein.

Ähnlich sieht es auch bei uns. Von den in Deutschland lebenden Kindern unter 18 Jahren hatten schon 2019 laut Mikrozensus 39% einen sogenannten „Migrationshintergrund“. The browning of the planet.

Weiße Hegemonie befindet sich an einem demografischen Wendepunkt. Mit diesem Gedanken spielt der kanadische Autor Mohsin Hamid in seinem Roman „Der letzte weiße Mann“. Ähnlich wie Kafkas Gregor Samsa wacht sein Protagonist eines Morgens auf und nichts ist mehr wie zuvor. Eine Verwandlung hat stattgefunden. Hamids weißer Protagonist, Anders, stellt mit Schrecken fest, dass sich seine Hautfarbe verändert hat. Sie hat einen dunklen Ton angenommen und er sieht jetzt aus wie jemand, den er und seinesgleichen einen Schwarzen nennen. Gewohnt, in einer Welt zu leben, in der das Weiß-Sein die Norm ist, weiß Anders nicht, wie er sich verhalten soll. Obwohl er ein aufgeschlossener Mensch ist, der im 21. Jahrhundert in einem freien, demokratischen Land lebt, wo angeblich alle Menschen gleich sind, überfällt ihn ein mulmiges Gefühl. Als er merkt, dass seine Wandlung keine vorübergehende Färbung ist, sondern er fortan in und mit der neuen Haut leben muss, steigt regelrecht Panik in ihm auf. Er traut sich nicht aus dem Haus, meldet sich krank. „Wenn mir das passiert wäre, ich hätte mich umgebracht“, sagt sein weißer Chef. Anders Angst vor einer Zukunft als Schwarzer macht den subtilen – aber auch offensichtlichen Rassismus – in der Gesellschaft deutlich. Selbst vor einem Besuch bei seinem eigenen Vater scheut Anders anfangs zurück.

Doch nach und nach verwandelt sich die Hautfarbe von immer mehr weißen Menschen. Die Zahl der Dunkelhäutigen steigt. Und je mehr Weiße schwarz werden, desto mehr steigt auch die Angst in der weißen Bevölkerung. Es bilden sich militante Gruppen, die „die weiße Kultur“  schützen wollen. Online werden Wundermittel angeboten, die eine Verdunkelung verhindern sollen.  Auch die Mutter von Anders Freundin Oona schließt sich einer solchen militanten Gruppe an.  Doch irgendwann wird dunkle Haut zur Normalität, die Menschen haben keine Angst mehr voreinander. Mohsin Hamids Roman ist der Traum von der Geburt einer neuen Gesellschaft, in der Menschlichkeit und Empathie herrschen, in der Menschen sich gegenseitig akzeptieren, egal welche Hautfarbe sie haben, und das Rassismus-Monster endlich gestorben ist. Ein schöner Traum in diesen Zeiten, in denen das Gegenteil zuzunehmen scheint.

Mohsin Hamid: Der letzte weiße Mann, Roman, 160 Seiten, Dumont Verlag, ISBN 978-3-8321-8252-6, Hardcover, 22€, E-Book 18,99 € (Bitte NICHT über Amazon bestellen, sondern direkt in Ihrer Buchhandlung.)

ado/16.08.22

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