Rassismus damals und heute: Spike Lees neuer Film „Blackkklansman“ jetzt im Kino

1865: Amerika, ein Ort in den Südstaaten. Tote und Verletzte Soldaten liegen aufgereiht, soweit das Auge reicht. Aber der Krieg ist endlich zu Ende. Und das Ende dieses Krieges läutete das Ende der Sklaverei ein. So beginnt der neue Spike-Lee Film. All men are equal. Die USA, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten für alle. Cut.

Kwame Touré fordert gleiche Rechte für alle.

Anfang der 1970er Jahre, Colorado Springs. Hier hat sich gerade ein schwarzer Dude um eine Stelle als Polizist beworben und wird als erster afroamerikanischer Detective ins Police Department aufgenommen. Obwohl Ron Stallworth (John David Washington) täglich dem subtilen und offenen Rassismus vieler seiner Kollegen ausgesetzt ist, glaubt er an die Rolle der Polizei als Ordnungshüter, Freund und Helfer. Er will seinem Land dienen. Mit Leidenschaft geht er seiner Arbeit nach und will auch innerhalb der Police Force etwas ändern. Als er als Undercover Cop bei einer Black Power Veranstaltung der örtlichen Studentenunion eingesetzt wird, wird ihm zum ersten Mal bewusst, wie tief der Rassismus in seinem Land wirklich steckt. Die Polizei will offensichtlich einen Grund finden, den Gastredner Stokely Carmichael aka Kwame Toure (Corey Hawkins), festzunehmen. Doch Ron, der sich an diesem Abend in Patrice (Laura Harrier), die Organisatorin der Veranstaltung, verguckt hat, kann seinen Chief davon abbringen. Durch weitere Begegnungen mit der politisch sehr aktiven Patrice beginnt auch Ron sich langsam zu politisieren. „Wenn ich nicht für mich aufstehe, wer dann?“ hatte Kwame Toure auf der Veranstaltung gerufen.

KKK-Chef David Duke (Topher Grace) will ein weißes Amerika © 2018 FOCUS FEATURES

Patrice macht Ron klar, dass die Zeiten endlich vorbei sein müssen, in denen die Schwarzen „gute Nigger“ waren. Sie öffnet seine Augen für den systemischen allgegenwärtigen Rassismus, der vor allem durch Menschen wie David Duke (Topher Grace) und seiner Organisation, dem Ku Klux Klan, verbreitet wird, die für viele Verbrechen gegen Schwarze verantwortlich ist.

Stallworth macht es sich nun zur Aufgabe, den Klan zu infiltrieren, um dessen Mitglieder und vor allem deren Großmeister David Duke auffliegen zu lassen. In Zeiten vor Internet, Skype oder Smartphones kann er sich telefonisch als weißer Rassist ausgeben. Er ist so überzeugend in seinen diskriminierenden Äußerungen, dass er eingeladen wird, der Organisation beizutreten. Dafür braucht er ein weißes Double, eine Rolle, die sein Polizeikollege Flip Zimmermann (Adam Driver), ein Jude, übernimmt.

Vereint im Kampf gegen Rassisten, die Cops Ron (re. John David Washington) und Flip (li. Adam Driver) © David Lee / Focus Features

Aus dieser wahren Geschichte und basierend auf Ron Stallworths Buch dreht Spike Lee einen packenden Film, Komödie und Thriller, Gesellschaftssatire und Geschichtsstunde zugleich. Lee bringt die Mode, Musik und Moves der Soul-Train-Ära humorvoll auf die Leinwand, um kurz danach die Zuschauer immer wieder zurück in die hässliche amerikanische Wirklichkeit zu holen. Ein kurzes Aufatmen, ein Lachen, ein nostalgisches Schwelgen in Kinovergangenheit, wenn Ron und Patrice sich über Blaxploitation Filme unterhalten – ehe einen das Grauen – auch in Form von dokumentarischen Bildern – wieder einholt. Kaum auszuhalten ist beispielsweise die Szene, in die der Zeitzeuge Jerome Turner (Harry Belafonte ) vom Lynchen seines Freundes Jesse Washington erzählt.

Für Ron und Patrice gilt: Schwarze müssen sich empowern! © David Lee / Focus Features

 

Durch schwarze Augen betrachtet und von eigenen Rassismuserfahrungen geprägt entfaltet dieser Film eine ganz andere Wirkung als beim weißen Publikum. Das konnte ich als einzige schwarze Journalistin umgeben von weißen KollegInnen bei der Pressevorführung feststellen. Der Film sei „zu didaktisch“ kritisierten einige von ihnen, und vergaßen dabei wohl, wie wichtig es ist, auch die jüngere (nicht nur) schwarze Generation mit der Geschichte von Rassismus vertraut zu machen und sie zu empowern. Lee spielt dabei immer wieder mit Gegensätzen. Während Klansbrüder von der angeblich von Gott befohlenen und in der Bibel verankerten Herrschaft der weißen Rasse dozieren und schwarze Menschen mit Tieren gleichsetzen, blendet er großformatige Gesichter von schwarzen Menschen ein. Gesichter, die in ihrer Unterschiedlichkeit Schönheit, aber zugleich durch die Low-Key Ausleuchtung von unten etwas Bedrohliches ausstrahlen. Seine Protagonisten sagen Sätze, die wachrütteln sollen. „Ich habe nie darüber nachgedacht. Jetzt mache ich mir Gedanken. Geht das jemals vorbei?“ fragt der weiße Polizist Flip, dem erst durch die Begegnungen mit dem Klan klar wird, wie tief verwurzelt der Hass gegen Schwarze ist.

Der echte Ronnie Stalworth

Wenn David Duke in den 70er Jahren von der Verteidigung der weißen, christlichen Werte spricht, wenn er skandiert: „Make White Amerika Great Again“, ist jedem Zuschauer klar, dass dieser Populismus keine Sache der Vergangenheit ist. Am Ende spielt Lee mit dokumentarischen Bildern aus dem Hier und Heute. Die Polizei schießt immer noch auf unbewaffnete Schwarze, White Pride Demonstranten greifen Schwule und Schwarze an, und es sitzt ein Präsident im Weißen Haus, der fast wortwörtlich die Sprüche David Dukes wiederholt.
Am Ende füllt eine großformatige US-Flagge, deren rot-weiß-blaues Sternenbanner sich in ein schwarz-weißes wandelt, die Leinwand, daneben erscheint der Satz: „No Place for Hate“.
Schwarz und weiß: Plakativer kann man wohl nicht sagen, dass Rassenschranken und Diskriminierungen auf Grund von Hautfarbe in den USA auch heute noch allgegenwärtig sind.
2018: Immer noch werden Polizeiwaffen gegen unbewaffnete schwarze Menschen gerichtet. Für die meist weißen Offiziere gibt es selten Konsequenzen. Ferguson, Cleveland, Los Angeles, Charleston, Sacramento, Tulsa …  – die Bilder kennen wir mittlerweile alle aus den Nachrichten. Der Krieg, so schient es, ist noch lange nicht vorbei! (ado)

Regie: Spike Lee
Mit: John David Washington, Adam Driver, Topher Grace, Laura Harrier, Jasper Päällönen, Corey Hawkins, Harry Belafonte u.v.a.
Kinostart: 23. August

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