Viele Geflüchtete verlassen ihre Herkunftsregionen aufgrund kriegerischer Gewalt. Doch auch in ihren Aufnahmeländern können sie weiterhin Gewalt erleben. Die Risiken in Flüchtlingslagern hat Prof. Dr. Ulrike Krause, Juniorprofessorin für Flucht- und Flüchtlingsforschung an der Universität Osnabrück, untersucht. Ihr Buch „Difficult Life in a Refugee Camp. Gender, Violence, and Coping in Uganda“ ist jetzt bei Cambridge University Press erschienen.
Im Mittelpunkt von Krauses Untersuchung stehen die Erfahrungen von Menschen, die aus der Demokratischen Republik Kongo in das benachbarte Land Uganda geflohen sind. Zur Zeit der Forschung 2014 lebten etwa 24.000 Menschen im Lager „Kyaka II“. Durch wiederaufflammende Konflikte und neue Fluchtbewegungen ist die Zahl laut Krause jüngst auf fast 124.000 Menschen angestiegen.
„Das kleine ostafrikanische Land Uganda wird häufig als Paradebeispiel für fortschrittliche Flüchtlingsarbeit benannt. In den Lagern, die in Uganda als Siedlungen gezeichnet werden, stehen den Geflüchteten Flächen für Landwirtschaft zur Verfügung. So sollen sie sich selbst versorgen“, berichtet Ulrike Krause. „Dennoch halten weitreichende Probleme auch in Uganda an.“
Die meisten der Menschen, mit denen Krause in Uganda gesprochen hat, waren bereits seit vielen Jahren im Lager untergebracht. Armut, restriktive Lebensbedingungen, jahrelange Ungewissheit über die Zukunft und auch Gewalt prägten den Alltag der Menschen. Vor allem genderbasierte Gewalt war weit verbreitet: „Vergewaltigungen und sexueller Missbrauch, häusliche Gewalt, Zwangsverheiratungen und Diskriminierung waren Formen, von denen Geflüchtete in den Interviews mit mir besonders häufig sprachen“, erklärt Krause. Teilweise sprachen Interviewte auch von Gewalt durch humanitäre Mitarbeitende.
Allen Widrigkeiten zum Trotz entwickeln Geflüchtete eine Resilienz, die es ihnen ermöglicht, ihr Leben in die Hand zu nehmen, Probleme zu bewältigen und Perspektiven für sich zu erkennen. Das hat Ulrike Krause auch in Uganda feststellen können.
Das bedeutet jedoch nicht, dass das Problem Flucht sowie die Ursachen, die dazu führen, klein geredet werden können. Im Gegenteil: der globale Norden müsste viel klarer zu seiner Veranwortung stehen, ein Verursacher dieses humanitären Problems zu sein. Und es müssen andere Lösungen her, damit Menschen nicht dazu gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen. Die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland zu begrenzen ist keine Ursachenbekämpfung. Die tieferen Ursachen müssen endlich angegangen werden. Stattdessen geht es uns nach wie vor hauptsächlich darum, die Menschen daran zu hindern, nach Europa zu kommen.
(ad/10.08.21)
Zum Weiterlesen: Krause, Ulrike (2021), Difficult Life in a Refugee Camp. Violence, Gender, and Coping in Uganda, Cambridge University Press, ISBN-978-1-108-83008-9