Der Dokumentarfilm „Gaza Surf Club“ liefert außergewöhnliche Einblicke in eine Region, die wir sonst nur aus den Nachrichten kennen. Die Medien haben uns über Jahre hinweg immer wieder Bildern vor Augen geführt, die eine von Eskalationen gekennzeichnete Region zeigen. Bilder von in Schutt und Asche liegenden Häusern, von gewaltsamen Auseinandersetzungen, von Steine werfenden Jugendlichen. Es sind Bilder der Hoffnungslosigkeit. Viele der hier lebenden Menschen träumen von einem besseren Leben an einem anderen Ort. Doch wer hier lebt, hat kaum die Chance, jemals auszureisen.
Der Film erzählt von einer Gruppe Jugendlicher, die sich regelmäßig zum Surfen am Strand von Gaza-City trifft. Einer der Protagonisten ist Ibrahim, der davon träumt, einen richtigen Surfkurs auf Hawaii zu absolvieren, um anschließend einen eigenen Surf Club auf Gaza zu betreiben. Wie Ibrahim, der sich unermüdlich für ein US-Visum bemüht, wollen alle jungen Leute fort von hier. „Vom Augenblick der Geburt bis zum Tod gibt es hier keine Hoffnung“, sagt der 42-jährige Fischer Abu Jayab, der sich als Mentor der jungen Surfer bezeichnet und ihnen mit seinen bescheidenen Mitteln den Sport beibringt. Für ein paar Minuten auf einer Curl reiten, auf dem Brett stehend auf die Hafenmauer zurasen, das lässt für kurze Zeit die triste Wirklichkeit vergessen. Obwohl sie keine richtige Ausrüstung haben, ihre alten Surfbretter zum Teil selbst zusammenzimmern und immer wieder flicken müssen, hat sich der Surfsport zu einer Art Subkultur, zu einem Stück Selbstbehauptung, zum Ausdruck von Freiheit entwickelt. Selbst diese kleine Freiheit ist jedoch nicht allen gegönnt.
Die 15-jährige Sabah, die seit frühester Kindheit auf dem Brett steht und zu den besten Surfern Gazas gehört, darf nun als Teenager ihre Leidenschaft fürs Schwimmen und fürs Surfen nicht mehr nachgehen. Als Mädchen ist es ihr verboten, es ist „haram“. Schwimmen oder surfen zu dürfen – diese Freiheit ist für uns so selbstverständlich, dass wir keinen Gedanken daran verlieren. Dieser Film führt vor Augen, wie es sich anfühlt, wenn Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist. Und er weckt Verständnis dafür, dass es viele Gründe gibt, warum Menschen ihre Heimat verlassen. Ibrahim etwa hat nach mehreren Anläufen (und Unterstützung durch einen Freund auf Hawaii) ein Besuchervisum für die USA bekommen. Einmal auf Hawaii hat er nach Ablauf seines Visums einen Asylantrag gestellt – und ist nicht nach Gaza zurückgekehrt.(ado)
Gaza Surf Club ist ab 30. März in ausgewählten Kinos zu sehen.
Regie: Philip Gnadt
Darsteller: Ibrahim Arafat, Ali Erheem, Mohammed Abu Jayab, Sabah Abu Ghanem, Rajab Abu Ghanem, Matthew Olsen u.a.