Weihnachten naht und wer gerne Bücher schenkt, findet nicht so einfach Werke, mit denen sich Schwarze Kids explizit identifizieren können. Jerry Crafts „New Kid“ ist ein solches Buch. In den USA stand es wochenlang auf Platz 1 der New York Times und könnte zum Pendant von „Gregs Tagebuch“ für Schwarze Kids werden.
In dieser Graphic Novel erzählt Jerry Craft, Comiczeichner und Mitbegründer des ersten Black-Comic-Book-Festivals, die Geschichte von Jordan Banks. Jordan ist ein zwölfjähriger Junge, der mit Hilfe eines Stipendiums an eine Elite-Schule kommt, die überwiegend von reichen weißen Kids besucht wird. Jordan ist nicht nur der Neue, was für einen Jugendlichen schon schwer genug ist, sondern auch noch Schwarz, und dazu noch sehr klein für sein Alter. Seine Familie wohnt in einem Stadtteil, in dem überwiegend Migranten und deren Nachkommen wohnen. Und obwohl beide Eltern arbeiten, ist das Geld knapp. Es gibt also viele Fronten an denen Jordan zu kämpfen hat. Zwar ist er nicht der einzige Schüler of Colour an der Schule, doch die Schwarzen, Latinos und anderen Kids mit nicht-weißer Herkunft bilden die Minderheit – und täglich lässt man sie spüren, dass sie „anders“ sind. Dabei geht es nicht nur um Hänseleien und Ausgrenzungen durch Mitschüler*innen. Auch vom Lehrerkollegium erfahren die Schwarzen Kids subtilen Rassismus. Etwa, wenn eine Lehrerin die Namen von Jordan und einem anderen Schwarzen Schüler immer wieder verwechselt. (alle Schwarzen sehen gleich aus) Oder Jordon ständig mit Klischees konfrontiert wird, z.B., wenn eine andere Lehrerin annimmt, sein Lieblingsessen sei Brathähnchen und der Sportlehrer davon ausgeht, er möchte später Sport studieren (alle Schwarzen lieben fried chicken und sind gute Sportler). Dabei möchte Jordan, wie sein Erfinder, Comiczeichner werden. Seinen herausfordernden Alltag zeichnet er in lustigen Comics auf, um so mit seinem Frust klarzukommen. Während die privilegierten Mitschüler*innen in den Ferien nach Hawaii und Paris reisen, und zu Weihnachten die neusten Gamer PCs bekommen, kann sich Jordans Familie solche Dinge nicht leisten. Doch Craft zeigt auch, dass materiell begüterte Kids es nicht unbedingt besser haben. Ein glückliches Familienleben hängt nicht vom Portemonnaie der Eltern ab. Denn auch wenn Jordan nicht die neuste Xbox zu Weihnachten bekommt, lebt er in einer liebevollen Familie, die ihn unterstützt.
Auch wenn sich das Schwarze Leben in den USA in vielen Dingen von dem in Deutschland unterscheidet, gibt es noch genügend Identifikationspunkte für Schwarze Jugendliche. Jerry Craft packt viele schwere Themen in seinen Comic-Roman – Rassismus, Ausgrenzung, Benachteiligung. Doch trotz der Problematiken, um die es im Roman geht, ist das kein Herunter-Zieh-Buch. Im Gegenteil, es steckt jede Menge Witz in den Zeichnungen und Texten. (Und auch viele Anspielungen auf Black Kino- und Pop-Kultur – wie etwa „12 Years a Slave“, James Brown, Oprah Winfrey – die wahrscheinlich eher Erwachsene erkennen werden, weshalb man dieses Buch auch sehr gut zusammen mit seinem Kind lesen kann.) Craft zeigt, dass Freundschaften überall entstehen können, dass nicht alle Weißen Rassisten sind, dass das Leben viele Nuancen hat und wir am Ende darüber entscheiden können, ob wir glücklich sein wollen oder Opfer.
Tina Adomako
Jerry Craft: New Kid – Als wäre Schule nicht eh schon schwer genug, 255 Seiten, Loewe Verlag, 2023, ISBN 978-3-7432-1584-9, EUR 19,00