Unsere Freiheit wird auch am Hindukusch verteidigt“ lautete 2004 die deutsche Erklärung für die Beteiligung am Militäreinsatz unter US-Führung, Antwort auf die Anschläge auf das World Trade Center 2001. Jüngst beendeten die USA den Einsatz. Die Hauptziele – darunter die Zerschlagung von international operierenden islamistischen Netzwerken – seien erreicht. Letzteres gelang aber schon in der Ära Obama.
Wozu also ein so langer Einsatz? Ausbildung von Armee und Polizei vor Ort, Menschen-, vor allem Frauen- und Kinderrechte sichern – so die verbreitete Argumentation. Dass dies nicht nachhaltig gelang, ist gerade offensichtlich geworden. Die Taliban eroberten im Handstreich das Land, die Bilder gehen gerade um die Welt. Warum es so wenig Gegenwehr der besser ausgerüsteten Armee vor Ort gab, hat viele Gründe. Einer davon ist sicher, dass wir nicht genug Menschen vor Ort für „unsere Werte und unsere Art zu leben“ begeistern konnten. Zudem fehlte es an Investition in die Perspektiven – auch die ökonomischen – der breiteren Bevölkerung. Entwicklungspolitische Gelder hätten großzügiger in ökonomische Diversifizierung und Steigerung der Wertschöpfungsketten vor Ort fließen müssen. Unsere eigene Geschichte zeigt: Wachsende ökonomische Perspektiven machen es Extremisten schwerer, Gehör zu finden. Erst wenn sich Menschen vor Ort mehrheitlich frei – auch vom täglichen Existenzkampf – fühlen, hätten wir einen erfolgreichen Beitrag zur Verteidigung unserer eigenen Freiheit geleistet. Denn Perspektiven schaffen mehr Stabilität als jeder militärische Erzwingungsapparat.
Mögen wir daraus unsere Lehren ziehen, etwa beim derzeit größten Auslandseinsatz der Bundeswehr in Mali. Längt wurde das Land als „Afghanistan Afrikas“ bezeichnet. Wahr an diesem doch hinkenden Vergleich ist: Auch hier geht es um die Verteidigung unserer Freiheit gegen international operierende Islamisten. Diese treffen auf einen fruchtbaren Nährboden: Wüstenbildung, ausländische Rohstoffinteressen und wachsende Migrationsbewegungen aus und über Mali bedrohen die Stabilität. Ein erneutes Geständnis der eigenen Fehleinschätzung im Nachhinein sollte keine Option sein dürfen.
(Serge Palasie, Fachpromotor Flucht, Migration und Entwicklung/ 17.08.2021)