Es ist früh am Morgen. Der Blick schweift über eine Arbeitersiedlung. Die dunklen Straßen sind leer. Dann erscheint Pauline. Pauline ist Krankenschwester, alleinerziehende Mutter und ist immer im Einsatz. Im ambulanten Pflegedienst kümmert sie sich aufopfernd um ihre zahlreichen Patienten. Zusätzlich hat sie die Kinder, den Haushalt und ihren verwitweten Vater zu versorgen. Sie arbeitet jeden Tag bis zum Anschlag, aber man ahnt, dass sie nie auf einen grünen Zweig kommen wird. Immerhin hat sie noch Arbeit, was in ihrer Kleinstadt keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Darüber diskutieren die Leute im Ort. Und über die Ausländer, die an vielem Schuld sein sollen.
Für Politik interessiert sich Pauline eigentlich nicht. Dann wird sie vom örtlichen Arzt als Gesicht für die nationalistische Partei PNP vorgeschlagen. Er sieht in ihr eine hart arbeitende Frau aus dem Volk, die bei den Wählern sicherlich gut ankommt. Nach einem Treffen mit der charismatischen Parteivorsitzenden Agnès, die nicht nur optisch viele Parallelen zu Marine Le Pen aufweist, ist Pauline angefixt.
Ja, das ist ihr Land und ja, sie will mit dafür kämpfen, es zu erneuern und es vor zu viel Überfremdung zu schützen. Anfängliche Bedenken gegen rassistische oder faschistische Tendenzen in der Partei wischt Pauline weg, denn schließlich geht es um die gute Sache. Erst allmählich merkt Pauline, wie gefährlich die PNP wirklich ist. …
Der belgische Regisseur Lucas Belvaux zeigt in diesem spannend inszenierten Politdrama, wie sich anständige, engagierte Menschen all zu leicht vom Populismus einnehmen lassen. Durch Paulines Figur wird deutlich, wie schleichend die Vergiftung der Gedanken eintritt. Auch Menschen, die man als „gute Menschen“ bezeichnen würde, lassen sich von den Sprüchen der AfD, der Front National oder der Partij voor de Vrijhei blenden. In Frankreich sorgte der Film bei der FN für Aufregung. Die Partei beschwerte sich über die „anti-Front-National-Ausrichtung“. Dabei zeigt der Film nur gängige Arbeitsmethoden rechtsextremer Parteien und deren Wunsch nach Respektabilität bei gleichzeitiger Demokratiefeindlichkeit.
Der Wahlkampf in Deutschland ist eröffnet und die AfD spekuliert auf den Einzug in den Bundestag. „Unser Land“ ist ein Film, der perfekt zu den nächsten Wochen passt. (ado/18.08.2017)
Kinostart: 24. August 2017
Regie: Lucas Belvaux
Mit: Emilie Dequenne, André Dussollier, Guillaume Gouix, Catherine Jacob, Anne Marvin, u.v.a.