Voll verschleiert
Armand und Leila sind nicht nur Kommilitonen, sondern auch ein Paar. Gemeinsam wollen die Studenten nach New York ziehen um dort ein Praktikum bei den Vereinten Nationen zu absolvieren. Doch kurz vor Abflug durchkreuzt Leilas Bruder Mahmoud ihre Pläne. Von einem längeren Aufenthalt aus dem Jemen zurückgekehrt, hat sich der einst weltoffene junge Mann in einen muslimischen Fundamentalisten verwandelt, der seiner Schwester nun nicht nur jeden Kontakt zu Armand verbietet, sondern sie auch zu Hause einsperrt. Um Leila dennoch sehen zu können, greift Armand zum Niqab und tarnt sich als gläubige Muslima – „Scheherazade“. Frauen wie sie, findet Mahmoud, sind der einzig passende Umgang für seine Schwester. Von „Scheherazades“ frommes Wessen und ihr Wissen um die Lehren des Propheten und die Suren des Korans ist Mahmoud selbst dann so angetan, dass er beschließt, ihr einen Heiratsantrag zu machen …
In manchen Teilen erinnert diese turbulente Culture- und Religions-Clash-Kommödie an Billy Wilders „Manche mögen’s heiß“. Ein Mann trägt Frauenkleidung, um der Frau nahe zu sein, die er liebt. In Sou Abadis Film geht es jedoch über den reinen Klamauk hinaus. Der Film bietet eine humoristische Auseinandersetzung mit dem Thema Islam und mit einer sich verbreitenden religiösen Rückwärtsgewandtheit. Scheherazade zitiert den Propheten und zeigt, dass vieles von dem, was gepredigt wird, so nicht in den heiligen Schriften steht. Dem einen oder der anderen frommen Muslim*a dürfte das nicht schmecken. Aber nicht nur muslimischer Fundamentalismus wird hier kritisiert. Der Film zeigt auch die Vorurteile, denen Menschen mit Migrationsbiographien immer wieder ausgesetzt sind, was vielleicht erklärt, warum sich manche in die Religion flüchten.
Letztendlich ist der Film ein Plädoyer für mehr Toleranz in der Einwanderungsgesellschaft, wo es viele unterschiedliche Religion, unterschiedliche Kleidungsstile, unterschiedliche Bräuche gibt. Und der Appell richtet sich an alle gleichermaßen.
„VOLL VERSCHLEIERT! ist eine Geschichte über Versöhnung. Über wen ich mich darin lustig mache? Über mich selbst. Und Kommunisten, Feministen, Iraner, die intellektuelle Elite und Fundamentalisten. Und zwar in der Hoffnung, dass wir letztlich alle zusammen darüber lachen können“ sagt Abadis über ihren Film. (ado)
Kinostart: 28. Dezember
Regie: Sou Abadi
Mit: Félix Moati, Camélia Jordana, William Lebghil, Anne Alvaro, Carl Malapa, Laurent Delbecque, Oscar Copp, Oussama Kheddam, Walid Ben Mabrouk, Miki Manojlovic u.v.a.