Nachdem die geplante Konferenz 2020 auf Grund der Corona-Pandemie ausfallen musste, fand in Dortmund vom 03. – 05. September 2021 zum dritten Mal die von dem Dortmunder Verein VKII e.V. ins Leben gerufene Deutsch-Afrikanische Diaspora NRW Konferenz statt. Aufgrund von Corona-Einschränkungen war die Teilnehmendenzahl in diesem Jahr beschränkt auf maximal 150 Personen, weshalb die Konferenz erstmalig als hybride Veranstaltung durchgeführt wurde.
Das Leitthema der diesjährigen Konferenz lautete: 60 Jahre Un-Abhängigkeit. Für die Präsenzveranstaltung diente ein Wahrzeichen der Stadt, das Dortmunder U, als Konferenzort. Vom 7. Stock aus, mit Blick auf die Stadt im Zentrum der früheren Montanregion Ruhrgebiet, begrüßte Armel Djine vom VKII e.v. die Konferenzteilnehmende. Der Stadtdirektor und Kämmerer von Dortmund, Herr Jörg Studemann hielt danach eine Begrüßungsrede, in der er auf die Stadt und die Region als Migrationsort einging.
Dortmund sei eine der diversesten Städte in NRW und habe eine lange Geschichte der Zuwanderung. Menschen aus afrikanischen Ländern gehören eher zu einer späteren Gruppe von Einwanderern, aber heute seien sie und ihre Nachkommen ein sichtbarer Teil des Stadtbilds, so der Stadtdirektor. Er lobte die Tatsache, dass es in Dortmund zahlreiche afrikanische Vereine gäbe, die sich ehrenamtlich in unterschiedlichen Bereichen einsetzen. Herr Studemann lobte aber insbesondere den Verein VKII e.V., der die Konferenz ins Leben gerufen hat, um das Engagement der afrikanischen Diaspora einerseits sichtbar zu machen und gleichzeitig, um weitere Akteure dazu anzuregen, sich im Sinne der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) zu engagieren. Der Stadtdirektor betonte, wie wichtig es sei, dass sich migrantische Organisationen nicht nur für Entwicklung in den Herkunftsländern einsetzten, sondern sich auch um Belange vor Ort kümmern. In diesem Zusammenhang bedauerte er sehr, dass das Afrika Haus in Dortmund die Corona-Pandemie nicht überlebt habe. Es brauche mehr solcher Orte, so der Stadtdirektor. Diese müssen allerdings auch gut organisiert sein.
Dr. Alfred Buß, Vorsitzender der Stiftung Umwelt und Entwicklung SUE, die auch die Veranstaltung mitgefördert hat, würdigte die Konferenz als einen Rahmen, in dem Wissen über Entwicklungsmodelle für afrikanische Länder vermittelt und vertieft werden könne und der den Austausch über Erfahrungen ermögliche. Dies sei auch im Sinne der Stiftung, die sich zwar vornehmlich in NRW engagiere, aber durch ihren Fokus auf Bildung für nachhaltige Entwicklung durchaus auch Auswirkungen auf Nord-Süd-, Süd-Nord-Zusammenarbeit habe. Dabei betonte er, wie wichtig es sei, Umwelt und Entwicklung zusammen zu denken. Es gäbe z.B. nur ein Klima, und die Auswirkungen von Klimaveränderungen träfen alle. Daher dürfe man Entwicklung auch nie aus nur einer Perspektive heraus betrachten. Es brauche eine „große Transformation“, „eine grundlegende Umwandlung der Art, wie wir wirtschaften, uns bewegen, wie wir bauen, heizen, wohnen, uns ernähren oder mit Abfall umgehen“, so Dr. Buß. Nur, wenn man globale Zusammenhänge versteht, kann man sich für die Ziele der nachhaltigen Entwicklung einsetzen. Er lobte die vielfältigen Aktivitäten von VKII e.V. und wünschte sich, der Verein möge ein übergreifendes Netzwerk im ganzen Ruhrgebiet zu ähnlich inspirierenden Projekten im Sinne der SDG anspornen.
Die Keynote hielt Dr. Boniface Mabanza von der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika. Sein Thema: 60 Jahre Un-Abhängigkeit – Eine kritische Bilanz im Lichte der SDGs und der Agenda 2063. In seinem Vortrag konstatierte Dr. Mabanza, dass die politische Dekolonisierung nach sechs Dekaden immer noch unvollständig sei und dass die ökonomische und epistemologische Dekolonisierung noch immer in den Anfängen stecke. Es habe sogar Rückschritte gegeben, wie etwa durch die Verstaatlichung des Grunds, des Bodens und der Minen, die etwa in den 70er Jahren in einigen Ländern stattfand. Er ging auch auf die Frage ein, ob die Sustainable Development Goals SDG als Referenzrahmen für die Internationale Zusammenarbeit überhaupt hilfreich seien, um afrikanische Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, und welche Rolle die nachhaltigen Entwicklungsziele für die Dekolonisierungsprozesse spielen (können).
Wie, wofür und wo kann ich Gelder beantragen und was muss ich dabei beachten? Diese Frage stellen sich Vereine und Initiativen immer wieder. Am zweiten und dritten Konferenztag fanden mehrere Workshops und Informationsformate statt, die auch auf diese Fragen eingingen. So stellten die wichtigsten Förderer entwicklungspolitischer Projekte ihre Programme vor und erklärten ihre Richtlinien. In den Workshops wurden laufende und geplante Projekte vorgestellt und besprochen, während mit den Best-Practice-Beispielen anahnd ganz konkreter Projekte gezeigt wurde, was die Diaspora in vielen unterschiedlichen Bereichen bereits tut. Die Bandbreite reichte vom fair produzierten Turnschuh, der Arbeit für Menschen in Ghana’s Partnerland sichert über ein Medienprojekt in Kamerun, bei der Kinder und Jugendliche eigene Filme drehen bis hin zu einem geplanten Musikal über Mansa Kankan Musa.
Der letzte Konferenztag diente primär dem Ziel der Vernetzung. Zuvor hielt der Künstler, Aktivist und diesjähriger Graduitertenstipendiat der Universität der Künste Berlin einen Vortrag zum Thema „60 Years De-Colonisation: Black and African Experience in Knowledge Decolonisation“. Aus Quarantäne-Gründen aus London zugeschaltet, lieferte er mit seiner Rede jede Menge Stoff für eine kontroverse Diskussion im Saal und online.
Die Konferenz brachte mal wieder viele unterschiedliche Akteuer aus der Deutsch-Afrikanischen Diaspora zusammen und bot Gelegenheit, voneinander zu lernen und gemeinsame Projektideen zu entwicklen. In seiner Begrüßungsrede hatte Dortmunds Stadtdirektor den Wunsch geäußert, die Konferenz möge zum festen Termin im Dortmunder Kalender werden. Das wünschen sich Veranstalter und Teilnehmende auch. Das nächste Mal dann hoffentlich ohne Corona-Einschränkungen!
(ado/15.09.2021)