Im Sahel nichts Neues?

Djenné  MaliAfrika in Aller Munde? Diese Aussage würde ich noch nicht unterzeichnen, aber dennoch steht es fest, dass sich ein wachsender Teil der Bevölkerung Deutschlands mit unserem unmittelbaren Nachbarn im Süden befasst. Die Gründe, weshalb das Interesse an Afrika stetig steigt, sind vielfältig. Oftmals aber – und das kann zweifelsohne gesagt werden – geht es um das ökonomische Potential, das zahlreiche Akteure betonen. Wirtschaftlich aktive Vertreter aus der sogenannten Mehrheitsgesellschaft  einerseits sowie aus der afrikanischen beziehungsweise Afrika-stämmigen Diaspora andererseits heben das positive Investitionsklima hervor, das in zahlreichen Staaten südlich der Sahara herrscht. Längst richtet man sich nicht mehr exklusiv an Großunternehmer. Klein- und mittelständische Unternehmen werden zunehmend gezielt angesprochen. Veranstaltungen wie das 2. Deutsch-Afrikanische Wirtschaftsforum in Dortmund oder die Building-Bridges-Conference in Frankfurt – um zwei Veranstaltungen aus diesem Jahr zu nennen – verdeutlichen diesen Trend. Es werden dabei beindruckende Wachstumsraten genannt, die zumeist über zehn Prozent liegen. Die Staaten, die dabei immer wieder Erwähnung finden, sind unter anderem Ghana, Nigeria, Angola oder Südafrika. Stets wird in diesem Zusammenhang auch der positive entwicklungspolitische Nebeneffekt erwähnt. Für die betroffenen afrikanischen Staaten ist das schön und gut. Auf der Strecke aber bleiben vor allem Binnenländer, die nicht zuletzt aufgrund ihrer geographischen Lage nur wenig Interesse von Investoren erfahren. Sie werden im Bewusstsein Vieler weiterhin marginalisiert. Dabei ist gerade die Situation in Staaten wie Mali, Niger oder im Tschad von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Während der Rohstofffluss zumindest seit den kolonialen Zeiten über die Häfen zahlreicher Küstenstaaten Afrikas geht, so geht der Strom einer wachsenden Zahl von MigrantInnen aus Zentral- und Westafrika über diese Sahelbinnenstaaten. Viele bleiben in diesen Staaten, die zu den ärmsten der Welt gehören, stecken. Dies geschieht entweder, weil ihnen von vornherein die Mittel fehlen, um direkt nach Nordafrika oder Europa zu gelangen oder weil sie an den Küsten nordafrikanischer beziehungsweise einiger westafrikanischer Staaten oder aber auf offener See ergriffen werden und unabhängig von ihrer Herkunft letztlich in die genannten Binnenländern abgeschoben werden. Die restriktive Einwanderungspolitik Europas, die kooperierende Regierungen in Nord- und Westafrika finanziell und logistisch bei der Ergreifung und Rückführung von als illegal bezeichneten MigrantInnen unterstützt, ist als eine wesentliche Ursache für diese Situation anzusehen. Bis zu seinen Sturz profitierte auch Gaddafi von diesen Unterstützungen in Milliardenhöhe. Auch Libyen nutzte von der EU bereitgestellte Ressourcen, um aufgegriffene MigrantInnen zumeist in der Wüste der südlichen Anrainerstaaten auszusetzten. Auf diese Weise wuchs und wächst das Heer perspektivloser Menschen ausgerechnet in diesen Sahelbinnenstaaten, die wie keine zweite Region in Afrika mit der zunehmenden Wüstenbildung zu kämpfen haben und selbst kaum ihre eigene Bevölkerung ernähren können. Hinzu kommt das hohe Bevölkerungswachstum. Aktuell zeichnet sich im nahezu gesamten Sahel eine erneute Hungerkatastrophe ab. Nicht zuletzt aufgrund der revolutionären politischen Ereignisse in Mali, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden kann und die das vorläufige Ende einer afrikanischen Musterdemokratie einläuteten, verdient dieses Land ein besonderes Interesse. Ich selbst war einige Male dort und musste jedes Mal feststellen, wie der Anteil von MigrantInnen aus West- und Zentralafrika stetig anstieg. Teilweise machen sich Anzeichen von Fremdenfeindlichkeit bemerkbar, was kaum verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass selbst ein so reiches Land wie Deutschland damit konfrontiert ist. Die Tatsache, dass Mali vielen Menschen hier kein Begriff ist (oder zumindest bis vor kurzem war), kann meiner Meinung nach fast schon als positiv bezeichnet werden. Es bedeutet nämlich auch, dass es im Zusammenhang mit Kriegen oder sonstigen Katastrophen – den bevorzugten Themen der Medien, wenn es um Afrika geht – noch nicht in Erscheinung getreten war. Nun kann sich aber jeder vorstellen, dass eine Dürre gepaart mit einem Putsch und den zahlreichen Flüchtlingen nicht gerade die Voraussetzung für Stabilität ist. Wenn wir also nicht wieder warten wollen, bis die Medien Bilder wie letztes Jahr aus Somalia und Nordkenia zeigen, sollten wir uns überlegen, ob wir die Sahelbinnenländer – Drehscheiben des Migrationsgeschehens nach Europa – tatsächlich weiterhin ignorieren können und ob der einzige Maßstab, an dem die Relevanz von afrikanischen Staaten für Europa gemessen wird, deren Wirtschaftswachstum sein kann.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die erwähnten Sahelbinnenstaaten mit einem bescheidenen Beitrag zu unterstützen. Für Mali kann ich beispielsweise die Aktion Pro Afrika e.V. (www.aktion-pro-afrika.de) empfehlen, die mit mehreren Bildungs- und Gesundheitsprojekten vor Ort tätig ist.

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