Im Tropenmuseum Amsterdam ist aktuell und noch bis März 2020 die Sonderausstellung „Heden van het sklavernijverleden“ (Die Gegenwart der Sklavenvergangenheit) zu sehen.
Die Ausstellung folgt der Kolonialgeschichte der Niederlande, die lange Zeit eine der bedeutendsten Kolonialmächte der Welt waren. Im 17. Jahrhundert wurde etwa die Hälfte des Welthandels – inklusive des Sklavenhandels – von den Niederländern beherrscht. Im Jahr 1863 setzte die niederländische Regierung der transatlantischen Sklaverei gesetzlich ein Ende, aber Jahrhunderte der Kolonialherrschaft haben Spuren in der Gesellschaft hinterlassen, die bis heute sichtbar sind. Rassismus, Diskriminierung und Stereotypisierung sind Beispiele für die Folgen von Sklaverei. Aber auch Vieles, was heute zum kulturellen Erbe der Niederlande gehört, rührt ebenfalls aus dieser Geschichte. Dabei wird oft vergessen, dass die Folgen der Sklaverei, ihre Nachwehen, nicht nur schwarze Menschen oder Menschen Afrikanischer Abstammung betreffen. Sie sind vielmehr das gemeinsame Erbe von schwarzen und weißen Menschen, von Afrikanern und Europäern, von den Nachkommen der Sklaven als auch von den Nachkommen derer, die Menschen zu Sklaven degradiert haben. Die Ausstellung zeigt auch, dass in manchen Fällen sogar beide Seiten Hand in Hand gearbeitet haben. Profiteure gab es auf beiden Seiten , wenn auch überwiegend auf der Seite Kolonialherrscher.
Die Ausstellung gibt Einblicke in die koloniale Vergangenheit und zeigt, wie diese Vergangenheit bis in die Gegenwart wirkt. Zeitgenössische Objekte und Sammlerstücke aus der Kolonialzeit, Bücher aus der Sammlung „The Black Archives“, Plakate, Fotos von Protesten in den 70er Jahren, Daguerreotypien, alte Briefe und Berichte sind nur einige der Objekte, die zu sehen sind.Einige Schautafeln porträtieren schwarze Menschen, die Befürworter der Sklaverei waren und die Holländer beim Handel unterstützt haben.
Besucher*innen erfahren aber auch von den Bestrebungen, die Sklaverei und Kolonialherrschaft zu beenden, etwa von den Sklavenaufständen auf Surinam in 1765, Curaçao 1795 oder dem späteren Indonesischen Unabhängigkeitskrieg, sowie von den wachsenden Protesten gegen die Kolonisatoren im 20. Jahrhundert. Auch Stimmen der Gegenwart sind zu hören. In Videoporträts teilen zeitgenössische niederländische Aktivist*innen ihre Perspektiven mit den Besucher*innen.
Die Ausstellung ist in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, Aktivisten und Künstlern entstanden und dient als Vorbereitung für eine noch größere Ausstellung, die in Vorbereitung ist und 2021 eröffnet werden soll. Diese soll dann die koloniale Vergangenheit der Niederlande umfassend aufarbeiten. Das Museum will damit eine Debatte anstoßen und lädt die breite Öffentlichkeit dazu ein, sich zu beteiligen.
Wie betrachten die Menschen dieses Kapitel ihrer gemeinsamen Geschichte heute? Fehlen Perspektiven? War alles schlecht oder gibt es Dinge, die man heute gut findet? Gibt es eine Spätschuld? Und wer soll sie tragen? Beeinflusst die Hautfarbe die Meinung?
Unter @tropenmuseeum #slavernij werden Meinungen, Kritik und Informationen zu solchen Fragen gesammelt. Die Antworten sollen in die neue Ausstellung fließen.
(ado)
Besucheranschrift: Tropenmuseum, Linnaeusstraat 2, Amsterdam