Interview mit den Repräsentanten der größten afrikanischen Diaspora in NRW

b14afr-bilderZum ersten Mal in der Geschichte der Stadt Köln haben Menschen afrikanischer Herkunft einen ersten Grundstein für politisches Engagement und Partizipation zum Wohle afrikanischer MitbürgerIinnen gelegt.

Unter BÜNDNIS14 AFRIKA bündelten sie ihre Kräfte und waren bei den Integrationsratswahlen 2014 der Stadt Köln erfolgreich. Die Stimme Afrikas ist in Köln politische Realität geworden. BÜNDNIS14 AFRIKA vertritt nun die Belange aller AfrikanerInnen in Köln.

Wir freuen uns sehr über diese Entwicklung und sind gewillt, mit all unserem Knowhow und Mitteln die neuen Herausforderungen zu meistern.

In diesem Zusammenhang bedanken wir uns herzlich bei Allen für die moralische und uneingeschränkte Einsatzbereitschaft bei der Kampagne sowie sonstige Unterstützung. (Text: Bündnis14 Afrika; zu den Bildern oben: v.l.n.r in der Reihenfolge des Erscheinens im nachstehenden Interview)

 

Interview

Sehr geehrte Herren, bei den letzten Integrationsratswahlen konnten Sie sich einen Sitz für Ihr Bündnis14 Afrika sichern. Hierzu möchte ich Ihnen nochmals ganz herzlich gratulieren. In Köln erhielt somit erstmalig ein Repräsentant der afrikanischen Community Einzug in den Integrationsrat. Was hat Sie dazu bewogen, diesen Schritt zu gehen und sich politisch aktiver zu betätigen?

Eli Abeke: Ich würde so anfangen: Afrikaner haben sich mittlerweile in fast allen Bereichen niedergelassen. Was bis jetzt fehlte, war ihr politisches Engagement. Dies ist jedoch sehr sehr wichtig, weil Afrikaner doch langsam begriffen haben, dass sie sich da, wo sie leben, einbringen sollten und müssen. Wir haben festgestellt, dass wir mit einer politischen Stimme doch mehr in der Gesellschaft erreichen können. Denn wie das so ist in einer Demokratie: Ohne politisches Engagement wird man nicht gehört. Nach einer Auftaktveranstaltung zu den Integrationsratswahlen am24. März 2014 haben uns diese Erwägungen den letzten Kick gegeben. An diesem Tag wurde uns wieder vor Augen geführt, dass wir Afrikaner nach wie vor noch nicht vertreten waren. Wir haben dann kurz darüber gesprochen und festgestellt, dass das verdammt wichtig ist. Da kam uns die Idee zur Liste. Von dem Zeitpunkt an musste es tatsächlich schnell gehen.

William Nketia: Für mich war ausschlaggebend, dass bisher alle afrikanischen Einzelkämpfer gescheitert sind, da sie ihr eigenes Süppchen gekocht haben. Dieses Mal dachte ich: Bevor ich wie vor fünf Jahren jemanden aus Italien oder dieses Jahr jemanden aus der Ukraine unterstütze, setze ich mich für eine politische Vertretung der Afrikaner ein.

Was erhoffen Sie sich von der Existenz Ihres Bündnisses? In welchen Bereichen ist es Ihrer Meinung nach besonders sinnvoll oder sogar nötig, dass Kräfte gebündelt werden?

Tshikudi Londji: Es gibt zwei Richtungen, einmal die Innen- und einmal die Außenwirkung. Zur Innenwirkung: Zusammenhalt innerhalb der Community. Denn egal, woher wir in Afrika kommen, hier sind wir letztlich alle gleich. Dieses Wir-Gefühl wollen wir gezielt stärken. Unser Mandat ist nicht nur für die Außenwirkung, sondern auch Community-intern wichtig, denn wenn man geschlossen und damit stark auftreten kann, stärkt uns das auch intern. Zur Außenwirkung: Ob in der Politik, Verwaltung oder Zivilgesellschaft, man sucht immer Ansprechpartner für die Kommunikation. Wir hoffen, dass wir als solche zunehmend wahrgenommen werden und als Sprachrohr und Repräsentanten auftreten können. Schlagworte sind hier Unterstützung, Kontakte, Netzwerke und Lobbyarbeit. Wichtig ist, dass unsere Arbeit zeitig Früchte trägt, denn sonst verpufft die Sache bald wieder. Um in dieser Anfangsphase effektiv durchstarten zu können, wollen wir zunächst vor allem diejenigen ansprechen, die bereits einen gewissen Organisationgrad aufweisen können. Dies können Vereine, Organisationen oder sonstige afrikanische Initiativen sein. Gemeinsam mit ihnen wollen wir ein Programm für alle Afrikaner konzipieren.

Eli Abeke: Wir hoffen, dass wir die jeweiligen Probleme und die sonstigen Anliegen, die von verschiedenen Vereinen bzw. deren Vorsitzenden an uns herangetragen werden, behandeln können.

William Nketia: Ich erhoffe mir, dass Barrieren wie frankophon – anglophon etc. überwunden werden. Und ich hoffe, dass diese Pionierarbeit von anderen angenommen oder aufgegriffen wird. Wichtig ist, dass es stets sowohl bottom –up als auch up – bottom geht. Was zum Beispiel die türkische Community geschafft hat, hoffen wir auch zu schaffen.

François Koutouan: In Berlin existiert die Idee eines panafrikanischen Hauses. Ein Gelände ist bereits identifiziert. Ein solcher Ort ist auch von uns angedacht. Hier könnten Kräfte gebündelt, der kulturelle Zusammenhalt gefördert und auch eine Anlaufstelle für Kinder, Jugendliche oder aber auch Studenten geschaffen werden.

In welchen Bereichen können afrikanische Belange Ihrer Meinung nach auch nur durch afrikanische Repräsentanten wirklich vorangebracht werden?

William Nketia: Afrikaner verstehen ihre jeweiligen Landsleute besser als jeder andere. Das wird ja auch institutionell anerkannt, so zum Beispiel als Betreuer oder Sprach- und Kulturmittler etwa vor Amtsgerichten.

Eli Abeke: Im Bildungsbereich können wir anderen Afrikanern beispielsweise verständlich machen, was sie mit ihren in Afrika erworbenen Abschlüssen hier am besten anfangen können. Auch können wir generell unterstützen, wenn es um die Vermittlung an die jeweils zuständigen Stellen bei Amtsgängen geht. Zudem versteht keiner besser als wir, wie Afrikaner und die afrikanische Familie ticken. Bestimmte familiäre Situationen, Rollenverteilungen und Beziehungsgeflechte scheinen mitteleuropäisch sozialisierten Menschen zunächst vielfach fremd und daher nicht nachvollziehbar zu sein. Werden diese Spezifika jedoch „übersetzt“, dann wird vielfach klarer, warum in bestimmten Situationen eben anders gehandelt wird, als man es von hier und heute gewöhnt ist. Oft reicht ein kurzer Blick in die eigene deutsche Geschichte, um Verständnis für die heute nicht selten als typisch afrikanisch betrachteten Beziehungsgeflechte zu schaffen. Zu der Formulierung „wirklich voranbringen“ in Ihrer Frage: Was macht unser Bündnis tatsächlich so besonders? Wir stehen in der Öffentlichkeit und haben die Möglichkeit, immer wieder zu wiederholen und vor allem zu beweisen, dass wir das, was man uns allgemeinhin vielfach nicht zutraut, meistern können.

Tshikudi Londji: Wir müssen da allerdings einen langen Weg gehen, denn es gilt auch diejenigen, die sich noch nicht durch uns vertreten fühlen, zu überzeugen. Da müssen wir erst liefern, um uns eine breitere Basis zu schaffen.

Wo sehen Sie das Bündnis14 Afrika bei den nächsten Integrationsratswahlen?

François Koutouan: Vorab: Mein Appell ist, dass wir alles daran setzen, nach und nach alle afrikanischen Vereine und Organisationen im Kölner Raum für unsere Sache zu gewinnen. Zu den nächsten Wahlen: Lass´ uns träumen. In fünf Jahren haben wir im Kölner Raum so viel Unterstützung, dass wir drei bis vier Vertreter im Integrationsrat haben werden.

William Nketia: Es wäre mehr drin gewesen. Mangelnde Aufklärung, keine Wahlerfahrung, ungültige Stimmzettel etc. sorgten dafür, dass uns viele potentielle Stimmen aus der Community entgangen sind.

Eli Abeke: Unwissenheit begegneten wir leider überall. Dem wollen wir bis zur nächsten Wahl entschieden entgegenwirken. Um dies zu erreichen, ist political and social awareness raising unabdingbar.

William Nketia: Dies ist sehr wichtig. Nicht nur, damit die Leute von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können. Auch und vor allem, damit sie allgemein zu ihrem Recht kommen. Ich kenne Fälle, wo Menschen – etwas bei Amtsgängen –zu Unrecht schikaniert werden. Möglich ist dies durch Unwissenheit und Unsicherheit. Auf solche Fälle wollen wir aufmerksam machen bzw. den Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen.

 

Weitere Infos zum Bündnis14 Afrika finden Sie hier

 

 

 

Im Netz

Partner

Träger der Fachstelle Empowerment und Interkulturelle Öffnung

Die Fachstelle ist Teil des Eine-Welt-Promotorinnen-Programms

In Zusammenarbeit mit dem

Gefördert von

im Auftrag des

und der Landesregierung NRW