Neben den Personen, die in der Genfer Konvention von 1951 theoretisch dazu berechtigt sind, einen Antrag auf Asyl zu stellen, wird der Kreis von aufnahmewürdigen Personen durch den Hohen Flüchtlingskommisar der Vereinten Nationen (UNHCR) noch um die sogenannten De-facto-Flüchtlinge erweitert, die allerdings gemäß der Konvention keine Flüchtlinge in juristischem Sinne darstellen. Dadurch werden auch Gründe wie etwa Bürgerkrieg berücksichtigt. De-facto-Flüchtlinge, die im Gegensatz zu anerkannten Konventionsflüchtlingen lediglich im Besitz einer temporären Duldung sind, stellen die größte Gruppe von Flüchtlingen in Deutschland dar.
Seit einiger Zeit (vor allem mit zunehmenden Abstand zum Ende des Kalten Kriegs) ist insbesondere in Afrika ein Trendwechsel zu beobachten, bei dem sich Szenarien entwickelten, die vor allem durch die Flüchtlingskonvention von 1951 nicht berücksichtigt wurden:
„Erstens wird die Flucht auslösende Gewalt zunehmend durch halbstaatliche oder nicht-staatliche Akteure wie Milizen, Warlords oder marodierende Banden begangen und gezielt gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt, um sie zu vertreiben. Zweitens ist der Anteil der in den betreffenden Ländern Vertriebenen, also der Binnenflüchtlinge, im Vergleich zu den Flüchtlingen, die ihr Land verlassen haben, groß und deutlich zunehmend. Inzwischen lebt die Hälfte der weltweit Vertriebenen in Afrika. Drittens handelt es sich zunehmend um sogenannte ‚langandauernde Flüchtlingskrisen’, die meist mehrere Länder betreffen und erhebliche Sicherheitsrisiken für die betreffende Region darstellen. [Quelle: Angenendt, Steffen; Alte und neue Ursachen von Migration; (aus: Afrika – Schwerpunktthemen), Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 26]“
Während Flüchtlinge gemäß Genfer Konvention sowie De-facto-Flüchtlinge Anspruch auf Asyl haben, gibt es andere Migrantinnen und Migranten, deren Gründe, warum sie ihre Heimat verlassen wollen beziehungsweise müssen, nicht dazu berechtigen, in einem anderen Staat aufgenommen zu werden (was allerdings nicht bedeutet, dass sie generell abgelehnt werden). Dazu gehören etwa die oftmals in den Medien pauschalisierend als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichneten Personen sowie Menschen, die aufgrund umweltbedingter Veränderungen ihrer Lebensgrundlagen ihre Heimat verlassen. Wenngleich es sich tatsächlich nicht bei allen von ihnen um Flüchtlinge handelt und einige durchaus freiwillig in eine vermeintlich bessere Zukunft aufbrechen, so kann man dennoch viele von ihnen ebenfalls als Flüchtlinge bezeichnen, da ihnen beispielsweise trotz der Abwesenheit von kriegsähnlichen oder diskriminierenden Zuständen lediglich ein Leben am Rande des Existenzminimums möglich ist.
(Vorliegender Text basiert auf einem Text aus: Serge Palasie; Migration in und über Westafrika – Theorien, Illusionen und Realitäten; Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2011.)