„Partnerschaft nicht nur zwischen der Politik“ (Interview mit Herrn Ernest Ampadu, Koordinator des Ghana Council NRW)

Herr Ernest Ampadu (siehe Bild) ist 57 Jahre alt und lebt seit 34 Jahren in Deutschland. Qualifikationen: Abitur, Chemikant, Industriemeister Chemie, Betriebsleiter. Abgebrochenes Studium zum Elektrotechniker im vorletzten Semester.

Tätigkeiten: 20 Jahre Tätigkeit in der Chemie-Branche, davon 15 Jahre in führender Position als Betriebsleiter. Seit 2006 in Vereinsorganisationen tätig. Seit 2009 als Schriftführer und Koordinator des Ghana Council NRW e.V tätig. Zusammen mit der Fachstelle Migration und Entwicklung NRW ist er derzeit zusammen mit einer Vielzahl, verschiedener unter dem Dach von Ghana Council organisierten Vereinen, maßgeblich an der Planung des EMPOWERMENT DAY – Ghanaians in NRW beteiligt.

 

Sehr geehrter Herr Ampadu, der Partnerschafts­vertrag zwischen Nordrhein-Westfalen und der Republik Ghana wird gerade neuverhandelt. Wo sehen Sie aus der Perspektive der organisierten GhanaerInnen in NRW konkrete Punkte, die im Rahmen der Verhandlungen Beachtung finden sollten?

Die Beweggründe, die zur Partnerschaft im Jahr 2007 geführt haben, existieren noch. Ghana hat nach wie vor eine stabile Demokratie mit einer guten, wachsenden Wirtschaft. Die Bevölkerungsdichte liegt bei 107 Einwohner/km2 bei einem Bevölkerungswachstum von 2,1 Prozent. Das Wirtschaftswachstum ist relativ stabil und beträgt etwa 5,0 Prozent, bei einer Inflationsrate von ca. 20,0 Prozent. Damit liegt Ghana nach wie vor relativ weit vorne im afrikanischen Vergleich. Ghana hat viele Bodenschätze. u.a. Diamanten, Gold, Mangan, Bauxit und Öl. Die Landwirtschaft erzeugt Produkte wie Kakao, Kaffee, Sheabutter, Getreide und viele Nahrungsmittel.

Nach Initiierung der Partnerschaft hat es mittlerweile zwei erfolgreiche Wahlen mit jeweils friedlichem Ausgang im Lande gegeben. Noch leben etwa 10.000 Ghanaer in NRW, viele von ihnen sind schon eingebürgert. Die Partnerschaft hat in sechs Jahren bereits viele Erfolge gebracht. Große und kleine Projekte im Bereich der Bildung, des Gesundheitswesens, der erneuerbaren Energien und der Wirtschaft sind in vollem Gange oder sind in der Planung. Durch den Ghana Council NRW vernetzten sich die Ghanaer in der Diaspora und haben im Rahmen des Partnerschaftsvertrags die Möglichkeit, mit der Landesregierung zu kooperieren. Der Vertrag soll weitergeführt werden, um die schon entstandenen Perspektiven weiterzuentwickeln und zu verfolgen.

Die ghanaische Community in NRW, dem Bundesland mit der mit Abstand größten afrikanischen Diaspora in Deutschland, gehört zu den stärksten und ist nicht nur wegen der in Frage 1 erwähnten Länderpartnerschaft von zentraler Bedeutung. Was gehört abgesehen von EZ-relevanten Aktivitäten zu den alltäglichen Tätigkeitsfeldern von Ghana Council / der unter dem Dach von Ghana Council organisierten Vereine?

Ghana Council ist ein Netzwerk vieler ghanaischer Vereine, Assoziationen, Kirchen und Gruppen in NRW. Durch die Vernetzung dient Ghana Council als Plattform und Sprachrohr der Ghanaer in NRW und spielt eine Vermittlerrolle zwischen den Ghanaern und der NRW-Landesregierung im Rahmen des Partnerschaftsabkommens. Ghana Council koordiniert die verschiedenen Aktivitäten der angeschlossenen Mitgliederorganisationen und unterstützt sie bei Integrations- und Rechtsangelegenheiten. Ghana Council dient auch als eine Informationsstelle für die Ghanaer in NRW und viele Stellen in Ghana, sowie für Institutionen und Studenten in NRW und die Öffentlichkeit in NRW. Der Ghana Council fördert durch seine Mitglieder die ghanaische Kultur und Tradition in NRW. Die Jugendarbeit wird nicht vernachlässig: In manchen Städten findet  man Betreuungsstellen für Nachhilfeunterricht, Hausaufgabenhilfe, Akan-Unterricht [eine wichtige Sprachgruppe in Ghana, Anmerk. Fachstelle] und Deutschsprachkurse für Frauen und Familiennachzügler.

Ghana gilt insbesondere bei vielen Vertretern der sogenannten Mehrheitsgesellschaft in Deutschland als vorbildlicher Staat, wenn es beispielsweise um Demokratie und die Nutzung ökonomischer Potentiale geht. Wie sehen Sie das?

Die Demokratie in der Republik Ghana ermöglicht Religions-, Presse-, Meinungs-, Bildungs- und Bewegungsfreiheit. Obwohl es etwa sechs ethnische Gruppen in Ghana gibt, lebt das Volk friedlich zusammen ohne Stammeskriege oder Streitereien. Trotz der Existenz vieler Religionsgemeinschaften – ca. 70 Prozent Christen, ca. 16 Prozent Moslems, ca. 9 Prozent Naturreligionen und ca. 5 Prozent Konfessionslose – üben die Ghanaer ihren Glauben friedlich und ohne Auseinandersetzungen aus. Im Schnitt ist die Bevölkerung relativ jung und die Informations- und Kommunikationstechnik ist sehr gut entwickelt.

Ghana Council plant zusammen mit der Fachstelle Migration und Entwicklung einen EMPOWERMENT DAY mit Ghana-Fokus, der am 14. September 2013 stattfinden wird. Was erhoffen Sie sich davon? Welche Resultate wären in Ihrem Sinne?

Mit diesem Empowerment Day hoffen wir, dass wir einen Beitrag dazu leisten können, die Ghanaer in NRW zu motivieren. Sie sollten sich ihrer Möglichkeiten stärker bewusst sein und selbstbewusster in der Gesellschaft auftreten. Sie sollen danach in der Lage sein, ihren Status und ihre Rolle in der Gesellschaft zu erkennen und sich bemühen, stärker aufzutreten und für eine bessere Zukunft des Nachwuchses zu sorgen. Sie sollen auch über ihren möglichen Beitrag als Zivilgesellschaft im Rahmen der Ghana – NRW Partnerschaft informiert werden.

Wo sehen Sie die Länderpartnerschaft Ghana-NRW in zehn Jahren? Wo sehen Sie Ghana in zehn Jahren?

Die Partnerschaft soll in zehn Jahren nicht nur eine Partnerschaft zwischen der Politik beider Länder, die nur auf wirtschaftlicher Gegenseitigkeit basiert, sein, sondern eine, die auf bürgerschaftlicher Ebene verläuft. Es sollen dann die Rücküberweisungen der Diaspora miteinfließen, die Projekte der Diaspora in ihren Städten und Dörfern in Ghana sollen auch anerkannt werden, die Kommunen und Städte von NRW sollen sich mehr beteiligen. Es soll mehr Städte-, Schul-, Hochschul-, Krankenhäuser- und Firmen­partnerschaften geben. Schließlich sollte es einfach viele Familienbegegnungen zwischen NRW und Ghana geben.

 

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