MiGlobe auf Expansion: Ein Gespräch mit Dr. Wilhelmy von der SKEW

Dr. Stefan Wilhelmy, Foto © Martin Magunia



Was hat die SKEW dazu bewogen, 2014 das Projekt MiGlobe ins Leben zu rufen?

Die SKEW arbeitet seit 2007 zum Handlungsfeld Migration und Entwicklung. Im Rahmen der Beratungs- und Vernetzungsarbeit mit Kommunen und migrantischen Akteuren wurde im Rahmen des von mir geleiteten Pilotprojektes mit fünf Kommunen von 2007 bis 2009 deutlich, dass das Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund und ihren Organisationen noch zu selten öffentlich wahrgenommen wird und wenig in lokale entwicklungspolitische Netzwerke eingebunden ist. Aufbauend auf den bis dahin gewonnenen Erkenntnissen wurde 2012 in einer bundesweiten Studie erhoben, inwiefern Kommunen in ihrem entwicklungspolitischen Engagement migrantische Organisationen einbeziehen. Hier bestätigte sich die bisherige Erfahrung, so dass in Folge gemeinsam mit Kommunalvertreter*innen und migrantischen Akteuren die Idee eines Beraterpools entwickelt wurde, durch den entwicklungspolitisch erfahrene Migrant*innen Kommunen dabei begleiten, die interkulturelle Öffnung ihrer kommunalen Entwicklungspolitik voranzubringen.

Wie beurteilen Sie die Entstehungsphase in NRW? Sind Sie mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden?

 2014 startete MiGlobe als Pilotprojekt in NRW. Die SKEW ging hierzu eine Kooperation mit dem FSI Forum für Soziale Innovation und dem Eine Welt Netz NRW ein. Zunächst wurde im Sommer 2014 zur Bewerbung auf die Mitgliedschaft in diesem Pool aufgerufen und ein intensiver Etablierungsprozess gestaltet. Mit insgesamt 23 potenziellen Poolmitgliedern entwickelten wir in einer sechsteiligen Seminar-Reihe und durch den Dialog mit erfahrenen Mentor*innen gemeinsam das heutige Profil des Pools.

Wichtig war uns dabei, von Anfang an die Sichtweisen und Erfahrungen interessierter Kommunen und Stakeholder einzubeziehen. So waren Kommunalvertreter*innen an der Herausbildung des Beratungsangebots von MiGlobe insbesondere durch Kommunale Dialogforen beteiligt.

Neben der Qualifizierung der Poolmitglieder sind so in den zwei Jahren der Etablierung gute Kontakte zu mehr als 20 Kommunen in NRW entstanden und schon während der Aufbauphase haben erste Beratungen stattgefunden. Aktuell sind mehrere Kommunen dabei, Beratungen zu beantragen. Hierbei kann es z.B. darum gehen, entwicklungspolitische Veranstaltungen in der Kommune zu begleiten und migrantische Organisationen in die durchführenden Netzwerke mit einzubinden, die Begegnung und Austausch von Integrationsrat und entwicklungspolitischen Gremien oder Netzwerken zu anzuregen oder neue Zielgruppen für die entwicklungspolitische Arbeit zu aktivieren, z. B. zu Fair Trade in Moscheegemeinden.

Gibt es bei MiGlobe auch etwas, womit Sie weniger zufrieden sind? Was könnte besser laufen?

Es ist nicht immer einfach, die komplexe Fragestellung der interkulturellen Öffnung der Kommunalen Entwicklungspolitik zu vermitteln. Es geht bei der Beratung über MiGlobe ja um Impulse zur positiven Beeinflussung sozialer Prozesse in den Kommunen. MiGlobe kann beim ersten Kontakt ein erklärungsbedürftiges und abstrakt wirkendes Angebot sein. Kommunalvertreter*innen ist nicht immer direkt klar, auf welcher Ebene und in welchen Feldern eine Beratung zum Einsatz kommen könnte. Hier hat es sich als hilfreich erwiesen, konkrete Beratungsbeispiele zu präsentieren, um das Angebot von MiGlobe anschaulich zu machen und daraus Anknüpfungspunkte für die jeweilige Kommune abzuleiten.

Die Erfahrung bei den Beratungsprozessen in NRW zeigt, dass es in den Kommunen direkt nachweisbare positive Veränderung gibt – z.B. eine höhere Beteiligung migrantischer Akteure bei der Durchführung oder dem Besuch von Veranstaltungen oder eine interkulturell sensible Ansprache der Akteure. Zugleich streben wir durch die Beratung längerfristige Veränderungsprozesse an, d.h. eine Verstetigung der neu entstandenen Strukturen und der Einbindung der Akteurskreise auch nach Beendigung der Beratung. Die Wirkungen noch nachhaltiger zu gestalten ist eine Herausforderung, der wir uns künftig noch stärker stellen müssen.


Warum wird das Projekt nun auf Baden Württemberg ausgeweitet?

Aufgrund der insgesamt sehr guten Erfahrungen im Pilotprojekt in NRW soll das ursprünglich ohnehin bundesweit angedachte Angebot nun in weiteren Bundesländern ausgeweitet werden. Baden-Württemberg bietet sich hierfür sowohl aufgrund der großen Zahl entwicklungspolitisch aktiver Kommunen als auch der guten Vernetzung migrantischer Akteure besonders an. Auch in Baden-Württemberg arbeitet die SKEW mit regional verankerten Kooperationspartnern zusammen, dem Forum der Kulturen Stuttgart sowie dem DEAB, dem Landesverband der entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen in Baden-Württemberg.

Beratungsbeispiel in Solingen: Umweltfest „Leben braucht Vielfalt“



Was können die Baden Württemberger von NRW lernen?

In der Vorstudie zeigte sich, dass sich die Akteurslandschaften und die kommunalen Verwaltungsstrukturen in den einzelnen Bundesländern mitunter stark unterscheiden und beim Aufbau eines Beratungsangebots jeweils eigene Wege der Etablierung gefunden werden müssen. Übernommen wurde die Vernetzung mit regionalen Stakeholdern von Projektbeginn an. Auch die Themen der Weiterqualifizierung im Bereich der Kommunalen Entwicklungspolitik und Interkulturellen Öffnungsprozesse der zukünftigen Beraterinnen und Berater haben sich als hilfreich und sinnvoll erwiesen. Und natürlich ist wie in NRW die frühe Einbindung der Kommunen in die Profilbildung des Pools grundlegend, um in Baden-Württemberg ein regional angepasstes Beratungsangebot entwickeln zu können.

Es soll außerdem einen regelmäßigen Austausch zwischen den Mitgliedern des bereits etablierten und des neu entstehenden Beraterpools geben, um so voneinander lernen und gemeinsam am Beratungsangebot arbeiten zu können.

 

Wo sehen Sie MiGlobe in 5 oder in 10 Jahren?

Kommunale Entwicklungspolitik gewinnt stetig an Bedeutung. Die kompetente und authentische Beratung über MiGlobe kann hierbei eine wichtige Rolle spielen, um migrantisches Engagement in etablierte Strukturen stärker mit einzubeziehen und neu entstehende Projekte von Beginn an interkulturell auszurichten. Menschen mit Migrationsgeschichte sollen in ihrem entwicklungspolitische Engagement in Zukunft deutlicher wahrgenommen und auf einer professionellen Ebene an der Planung und Durchführung von entwicklungspolitischen Vorhaben in den Kommunen beteiligt werden. Durch die Einbeziehung ihrer Erfahrung und Expertise sowie der Netzwerke in ihre Herkunftsländer können die Kommunen in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der SDG leisten. Durch das Beratungsangebot von  MiGlobe sollten in 10 Jahren Beraterinnen und Berater Kommunen bundesweit hierbei unterstützen können.

Das FSI dankt Dr. Wilhelmy für das Gespräch.

Die Fragen stellte Tina Adomako.

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