„Kein Cent darf jemals verloren gehen“ – Interview zum Thema Fundraising mit Erdaw Miko von Sonnenblume e.V.

Bild Kein Cent...Herr Erdaw Miko (Bild links) wuchs in einer ärmlichen Bauernfamilie in Äthiopien auf. Ein Stipendium brachte ihn 1981 in die damalige DDR. Es folgte ein Intermezzo in den USA, bevor er dann 1987 in die Bundesrepublik kam. Seit 1990 ist er Modelbauer bei Ford in Köln. Er hat zwei Kinder. Der Vorname Erdaw ist Amharisch (Sprache in Äthiopien) und heißt übersetzt treffenderweise „Hilfe“, was in Herrn Mikos Fall bedeutet, dass der Name zum Programm wurde. Herr Miko ist ein best-practice-Beispiel in puncto Fundraising für gemeinnützige Projekte mit entwicklungspolitischer Relevanz. Bisher hat er sämtliche Projekte von Sonnenblume e.V. in seinem Heimatland Äthiopien ausschließlich durch Fundraising finanzieren können. Bei einer Veranstaltung der Fachstelle für Migration und Entwicklung und DAKO e.V. im vergangenen Juni, in deren Rahmen verschiedene Förderlinien vorgestellt wurden, informierte er sich erstmals über weitere Möglichkeiten der Mittelakquise. Trotz seiner Absicht, Projekte künftig auch durch Fördermittel realisieren zu wollen, wird er weiterhin ein Verfechter von Fundraising bleiben. Wieso das so ist und was beim Thema Fundraising zu beachten ist, erzählt er im folgenden Interview (geführt am 25.07.2012 in Köln).

 

Was hat Sie dazu bewogen, sich in Ihrem Heimatland Äthiopien entwicklungspolitisch zu engagieren?

Ich war eigentlich der Erste aus meiner Gegend, der eine städtische Schule besuchen konnte. Dadurch habe ich erst gesehen, was Bildung bedeutet. […]Nach Mengistus Sturz sah ich, dass sich die Situation dennoch nicht verbesserte. Was die Bildung betrifft, sagte ich mir, bevor die Kinder wie ich früher zwei Mal wöchentlich 15 Kilometer zur Schule laufen müssen, sollte die Schule lieber in die Dörfer  kommen. […]

Was für Projekte realisieren Sie und seit wann?

2007 bin ich mit 2830 Euro auf der Reise gewesen und sah, wie Kinder auf Steinen sitzend lernten.  Dann habe ich mit dem Geld unter eigener Beteiligung in der Stadt 60 Schulbänke à 3 Schüler anfertigten lassen. Die erwähnte Summe habe ich vereinsunabhängig unter anderem von Privatfreunden erhalten. Nachdem Freiwillige aus der Gegend mit mehreren Sonntagseinsätzen Hindernisse wie große Steine aus dem Weg geräumt hatten, konnten LKWs mit den Schulbänken das Dorf erreichen. Ein Junge, der sich die ganze Zeit an seine Backe fasste und den ich fragte, ob er Zahnschmerzen habe, meinte: „Nein, ich bin nur fassungslos, dass wir nun nicht mehr auf Steinen sitzen müssen.“ Zurück in Deutschland zeigte ich den Menschen anhand von Fotos und weiterer Dokumente, was mit dem Geld passierte. Transparenz ist das Allerwichtigste. 2008 flog ich mit 6620 Euro sowie 300 Dollar erneut in die Heimat. Ich war erstaunt, wie viel Geld durch mein Engagement als Einzelperson zustande kam. Mir war aber klar, dass ich bei so viel Geld nicht selbst bestimmen darf, wofür es verwendet wird. Ich darf zum Beispiel nichts machen, womit den Eltern letztlich Bestimmungsrechte entzogen werden. Was mit dem Geld geschieht, müssen die Eltern selbst entscheiden. Mit großer Freude erfuhr ich, dass sich die Eltern nach einer Bedenkzeit für eine Schule entschieden haben. Danach regelte ich die bürokratischen Angelegenheiten mit dem Bezirksvorsteher, um den Bau zu realisieren. Meine Zielsetzung war es, niemanden durch meine Hilfe ins Handwerk zu pfuschen, das heißt, dass die Ownership trotz der Tatsache, dass ich das Geld brachte, vor Ort bleiben musste. […]

Welche Rolle spielt dabei Sonnenblume e.V.?

[..]Die Sonnenblume spielte bei der Anregung zu weiteren Tätigkeitsfeldern wie dem Thema Wasser und Brunnenbau eine große Rolle. Viele größere Veranstaltungen – zum Beispiel ein Konzert bei Ford, ein Chor im Gürzenich sowie Veranstaltungen im Krankenhaus Holweide oder im Allerweltshaus Köln – wären ohne die Sonnenblume nicht möglich gewesen. Die Spendenbereitschaft stieg stetig, unter anderem auch wegen der offiziellen Spendenquittung. Auch das allgemeine Interesse wuchs: Anfang 2011 kam ein Ford-Reporter mit nach Äthiopien. Das Forschungszentrum von Ford stellte uns einen Transit für den Krankentransport in Äthiopien zur Verfügung.  Am 1. Oktober 2011 hatten wir ein Stand auf dem Ford-Gelände anlässlich des 80-jährigen Bestehens der Ford-Werke in Köln“. Für 2012 erstellten wir einen Sonnenblume-Kalender. An zwei Orten hatten wir Bilderausstellungen. Es folgte ein Interview in der Kölnischen Rundschau.

Gibt es einen besonderen Grund dafür, dass Sie Ihre Projekte bisher ausschließlich über Fundraising finanziert haben?

[…]Fundraising verbinde ich mit unmittelbarem Vertrauen und persönlicher Überzeugung. Es war mir sehr wichtig, die Beziehung zwischen den Kindern, die es dringend nötig haben, und denjenigen, die die einen Euro für diese Kinder übrig haben, herzustellen. Zehn Deutsch waren schon mit dabei in Äthiopien. Sieben weitere folgen dieses Jahr.

Was sollten neue Akteure unbedingt beachten?

Projektbezogenes Agieren. Man muss mit klaren und handfesten Zielen an die Menschen herantreten. Es ist immer wichtig, die persönliche Begegnung mit möglichen Spendern zu suchen. Das Gefühl, dass ich eine Nachweispflicht habe, also immer nachweisen kann, was mit dem Geld gemacht wurde, muss aus mir selbst herauskommen. Ich sollte nicht erst aufgrund von Anfragen damit beginnen, Nachweise zu liefern. Das ist das Allerwichtigste. Jede Neuigkeit muss unmittelbar bekannt gegeben werden. Mein Ehrenkodex ist es, dass jede auch noch so bescheidene Überweisung spätestens am nächsten Tag auf unserer Homepage sichtbar wird.

 

Für weitere Information schauen Sie bitte auf www.sonnenblume-ev.de

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