Ein kritischer Blick auf Entwicklungshilfe. „Congo Calling“ ab 22. August im Kino

 

Walter Steinmeier hält eine Rede. Er sieht nicht so aus, als ob er sich wirklich freut. Man hat eher das Gefühl, dies ist eine Pflichtveranstaltung, die er als Außenminister schnell hinter sich bringen will. „Ich hoffe, dass der Flughafen dazu beiträgt, die Entwicklung in der Demokratische Republik Kongo voranzubringen“, sagt er, erlaubt sich noch eine leichte kritische Bemerkung über die Verzögerungen, die vor Ort entstanden sind, und schneidet dann ein blaues Band durch. Damit eröffnet er feierlich die neue Landebahn auf dem Flughafen Goma, die mit deutschen Entwicklungsgeldern entstanden ist.

Um Entwicklungsgelder und Entwicklungshelfer im Kongo geht es in diesem Film. Dokufilmer Stephan Hilpert lässt drei Entwicklungshelfer aus Europa von ihrer Arbeit und den Herausforderungen erzählen. Da ist zum einen der deutsche Peter, der seit über 30 Jahren als Entwicklungshelfer in Afrika gearbeitet hat. Seine letzte Station ist die DRC, ein Land, in dem er trotz aller Probleme bleiben will. Doch da er nun 66 Jahre alt ist, wird sein Vertrag nicht verlängert. Er muss zurück nach Deutschland.

Peter verteilt Bananen

Dann ist da Anne-Laure aus Belgien. Für die junge Belgierin ist die Stelle als Projektleiterin ihre erste richtige Arbeitsstelle überhaupt. Davor hat sie, wie viele in ihrem Alter, lediglich herum gejobbt, u.a. als Babysitterin. Doch in Goma leitet sie nun ein belgisches Kinderschutzprojekt und ist Chefin von 15 Mitarbeitenden. Raul ist Franko-Spanier und zum wiederholten Mal in der DRC. Er hat seine Doktorarbeit über die Situation im Kongo geschrieben. Nun ist er mit einem neuen Projekt vor Ort und will den Einfluss von Rebellen auf die Wirtschaft in Gebieten, wo staatliche Strukturen komplett versagen, erforschen.

Anne Laure hat mitgeholfen, ein Musikfestival zu organisieren

Alle drei wollen nur helfen. Doch so einfach ist das nicht. Der Film zeigt die unterschiedlichen Welten der Expats und der Einheimischen. Am Anfang des Films sehen wir Straßenkinder, die von Drogen komplett zugedröhnt sind. Kinder ohne Perspektiven. Eine lokale Initiative will ein Kinderheim errichten, hat jedoch kein Geld. Hoffnungsvoll schreiben sie Briefe an Steinmeier, der inzwischen Bundespräsident ist. Er sei damals als Freund gekommen, um die Landebahn zu eröffnen. Nun hoffen sie auf seine Hilfe als „Freund“. Doch für dieses Projekt wird kein Geld kommen. Der deutsche Entwicklungshelfer wiederum verteilt eine Handvoll Bananen an hungrige Kinder. Eine Hand voll Kinder wird also an diesem Tag nicht ganz hungrig bleiben. Und die Hunderte von übrigen Kids?

Raul, inzwischen Professor an der University of Berkeley, hat mehr Mittel für sein Projekt. Er bietet den Männern, die ihn bereits bei seiner Doktorarbeit unterstützt haben, nun ein „richtiges Monatsgehalt“ an für die neue Forschungsreihe. In seiner Abwesenheit sollen seine Mitarbeiter eigenständig die Feldforschung weiter betreiben. Als Raoul nach einer Abwesenheit in den Kongo zurückkehrt, hat sein Projektleiter Projektgelder veruntreut. Immerhin ist Raul sich des ökonomischen Gefälles bewusst. Er, der Professor geworden ist, auch durch eine Doktorarbeit, in die Menschen im Kongo viel Zeit für wenig Geld investiert haben.

Raul, nachdenklich

Der Film zeigt die vielen Probleme, die die sogenannte Entwicklungshilfe mit sich bringt, die unterschiedlichen Welten der „Helfer“ und der „Geholfenen“. „

Ihr schafft hier Parallelstrukturen“, kritisiert ein Kongolese, und weist auf die Schattenseiten der Hilfe aus dem globalen Norden hin. „Wir wollen wie die Weißen leben, wir wollen wie die Weißen sein“, rufen die Kinder in die Kamera. Von Augenhöhe ist hier wenig zu sehen, selbst dann nicht, wenn es eine Liebesbeziehung zwischen einer Entwicklungshelferin und einem Einheimischen gibt. Als Anne-Laures Freund Fred, ein Regimekritiker, ins Gefängnis kommt, hat Anne-Laure als Europäerin die Freiheit, nach Belgien zurück zu kehren. Ihre Auslandserfahrung sichert ihr eine gute neue Stelle.

Am Ende des Films kann man den Nobelpreisträger Angus Deaton gut verstehen, der für eine Abschaffung der Entwicklungshilfe plädiert – wie übrigens auch viele Experten aus Afrika. Der kenianische Ökonom James Shikwati fordert „stop the aid“ seit fast 15 Jahren.

(ado)

 

Congo Calling, Dokumentarfilm, Regie: Stephan Hilpert, Kinostart 22. August

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